Ampel mit Trippelschritten beim Klimaschutz

Klimaschutz sollte das Markenzeichen der rot-grün-gelben Bundesregierung werden. Stattdessen verheddert sie sich im Gegeneinander und Klein-Klein.

Einbauverbot für neue Gasheizungen als Maßnahme zum Klimaschutz
Maßnahme zum Klimaschutz Einbauverbot für neue Gasheizungen von 2024 an Foto: Dieter Dürand

Sein ambitioniertes Klimaschutz-Sofortprogramm rinnt dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck immer mehr durch die Finger. Gerade erst hat er den Kohleausstieg auf unbestimmte Zeit verschoben, um dem Land genügend Strom zu sichern, falls Russlands Präsident Wladimir Putin das Gas abdreht. Jetzt auch noch das.

Statt dem angekündigten wuchtigen Gesamtpaket präsentierten die Koalitionäre auf getrennten Pressekonferenzen ziemlich kraftlose Einzelmaßnahmen gegen die Erderhitzung. Das selbst gesteckte Ziel, den CO2-Ausstoß Deutschlands bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent zu reduzieren, lässt sich mit ihnen nicht erreichen. Darin sind sich Experten und Umweltverbände einig. Schon das im Koalitionsvertrag vereinbarte hätte dafür nicht genügt, sagen sie.

Offenbarungseid der FDP im Klimaschutz

Im Clinch liegt Habeck vor allem mit Verkehrsminister Volker Wissing von der FDP. Obwohl im Verkehrssektor großer Nachholbedarf herrscht, konnte sich der Liberale nur zu relativ soften Maßnahmen durchringen, die er im Alleingang vorstellte. Mehr Radwege, mehr Ladestationen für Elektroautos, die Förderung weniger klimaschädlicher Kraftstoffe sowie der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs sollen es im Wesentlichen bringen. Ein Tempolimit auf 120 Kilometer die Stunde, das soviel Treibhausgase einsparen würde, wie der innerdeutsche Flugverkehr jährlich verursacht, bleibt hingegen weiter tabu.

Klimaexperten sind entsetzt. Die Vizechefin des Berliner Denkfabrik Agora Verkehrswende, Wiebke Zimmer, klassifiziert Wissings Pläne als „Minimallösung“. Noch härter geht Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), mit dem Minister ins Gericht. „Seine Vorschläge belegen den Offenbarungseid der FDP im Klimaschutz.“ Sie seien völlig ungeeignet die Klimalücke im Verkehrsbereich von 160 Milllionen Tonnen CO2 bis 2030 zu schließen.

DUH: Kurzstreckenflüge für ein Jahr verbieten

Aus Reschs Sicht helfen nur strenge Tempolimits auf Autobahnen, Landstraßen und innerorts (100/80/30), ein bundesweit gültiges 365-Euro-Jahresklimaticket für Bus und Bahn, ein auf ein Jahr befristetes Verbot sämtlicher Kurzstreckenflüge und eine Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Dienstwagen.

Kritik kommt auch vom grünen Koalitionspartner. Es sei „mehr als fraglich“, ob Wissings Vorhaben ausreichen würden, geht beispielsweise die Vize-Fraktionschefin Julia Verlinden auf Distanz. Zudem blieben seine Plänen im vagen.

Aus für Öl- und Gasheizungen

Mit Bauministerin Klara Geywitz (SPD) konnte sich Habecks Ressort immerhin auf eine gemeinsame Linie verständigen. Wichtigster Beschluss für Immobilieneigentümer und Mieter: Von 2024 an dürfen Handwerker nurmehr Heizungen installieren, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbare Energie arbeiten. Faktisch bedeutet das das Aus für Öl- und Gasheizungen. Wärmepumpen werden zur ersten Wahl.

Zusätzliches Geld spendiert der Bund für die energetische Sanierung privater und öffentlicher Gebäude wie Sporthallen und Schwimmbädern. Fernwärmenetze sollen beschleunigt auf Erneuerbare umgestellt werden.

Olaf Scholz muss endlich seine Richtlinienkompetenz wahrnehmen

Richtige Ansätze sieht der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), Olaf Bandt, darin, vermisst jedoch das gebotene Tempo bei der Umsetzung. „Noch in diesem Jahr müssen wirksame Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Gebäudebestand kommen“, fordert er.

Wird die Ampel irgendwann doch noch an einem Strang ziehen? DUH-Chef Resch hegt Zweifel und verlangt von Rot und Grün weniger Rücksicht zu nehmen auf den kleinsten Koalitionspartner. „SPD und Grüne akzeptieren weiterhin die faktische Richtlinienkompetenz der FDP im Klimaschutz“. Der Adressat der Botschaft ist klar: Olaf Scholz – bitte übernehmen!

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