Die Großhandelspreise für Strom werden in Deutschland um etwa 50 Prozent steigen. Grund für die höheren Preise sind vor allem wachsende CO2-Abgaben und Erdgaspreise. Die Wirtschaft erwartet deshalb mehr Anstrengungen beim Ausbau der nachhaltigen Energien.
Das Prognose-Institut Prognos hatte im Auftrag der Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft (VDW) eine Studie über die Strompreis-Entwicklung erstellt. Der Untersuchung zufolge werden die Großhandelspreise bis 2030 von vier auf sechs Cent pro Kilowatt steigen. Der Chef des VDW, Bertram Brossardt, sagte dazu dem Handelsblatt, dass ein ambitionierter Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig sei, um das Strompreis-Niveau zu dämpfen. “Wir brauchen die Erneuerbaren für niedrige Strompreise”, meint Brossardt, “Industriepolitik und Klimaschutz wachsen zusammen.” Brossardt hatte sich in der Vergangenheit wiederholt für den Ausbau der Erneuerbaren ausgesprochen. Er hatte dabei Landschaftsschutz und Abstandsregeln für Windräder massiv kritisiert. Die Energiewende könne nicht unsichtbar vollzogen werden. Sie müsse in der Landschaft sichtbar sein.
Wenn die deutsche Industrie wettbewerbsfähig bleiben wolle, dürfe der Strompreis für die Industrie allerdings nicht mehr als vier Cent betragen. Brossardt befürchtet bei gravierenden Strompreiserhöhungen sogar Betriebsschließungen oder Verlagerungen ins Stromkosten-günstige Ausland. Deutschland ist für Großverbraucher einer der teuersten Stromstandorte weltweit. So zahlten 2019 schwedische Großkunden rund 4,6 Cent pro Kilowatt. Vergleichbare Kunden in Deutschland zahlen dagegen etwa 12,1 Cent pro Kilowatt Strom.
Erneuerbare immer günstiger
Großhandelsstrompreise, Industriepreise und Verbraucherpreise unterscheiden sich erheblich voneinander. Die üblichen Verbraucherpreise von über 30 Cent pro Kilowatt enthalten neben dem Großhandelspreis Steuern, Abgaben und Umlagen. Nur etwa 12 Prozent des Preises entfallen auf die Kosten für den Stromeinkauf zu Großhandelspreisen.
Die Forderung von Brossardt nach Ausbau der Erneuerbaren spielt auf die sinkenden Erzeugerkosten für Solar- und Windstrom an. Solarstrom kostet ab Anlage in sonnenreichen Gebieten wie zum Beispiel Saudi-Arabien weniger als ein Cent pro Kilowatt, Windstrom gibt es heute schon für weniger als vier Cent – Tendenz fallend. Der Wirtschaftswissenschaftler Horst Wildemann geht mittelfristig sogar von einer Halbierung der Windstrom-Kosten aus. Fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas werden dagegen wegen der steigenden Erschließungskosten teurer.
Allerdings bringt die Energiewende eine Steigerung der Stromnachfrage mit sich. Dies liege, so die Prognos-Studie, am steigenden Anteil von E-Autos, der Erzeugung von grünem Wasserstoff und dem zunehmenden Einsatz von elektrisch betriebenen Wärmepumpen in Heizanlagen.
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