Eigentlich sollten Investitionen aus dem Ausland armen Ländern helfen, etwas selbst zu produzieren und damit Einkommen zu schaffen. Doch die Rechnung geht nicht auf, weil West-Konzerne – an der Spitze US-amerikanische – vielfach mehr Gewinne abziehen, als sie im Land investiert haben. Ein Großakteur fehlt allerdings auf der Ausbeuterliste.
Die Grundidee ist richtig: Wenn ein armes Land kein Geld hat, Fabriken zu bauen, um Wohlstand zu schaffen, hilft nur Geld aus dem Ausland. Damit lassen sich dann Produktionsstätten errichten, die die Versorgung etwa mit Kühlschränken verbessern und den Beschäftigten Löhne bezahlen, mit denen sie die neuen Güter kaufen können. Ein richtiger Entwicklungsmotor würde daraus, wenn zumindest ein Großteil der erzielten Gewinne im Lande verblieben. Denn dann wäre Geld da, um weitere Fabriken zu bauen. Doch dazu kommt es nicht. Ökonomen um den Wirtschaftsgeografen Christof Parnreiter von der Universität Hamburg haben errechnet, dass transnationale Konzerne von 2005 bis 2020 so viele Gewinne aus Schwellenländern abzogen, dass aus der Entwicklungshilfe unterm Strich in vielen Fällen ein gigantischer Mitteltransfer von Arm nach nach Reich wurde. Eine nachhaltige, sich selbst tragende Entwicklung ist damit ausgeschlossen – und das in Zeiten des Klimawandels, der die armen Ländern besonders hart trifft.
US-Konzerne führen Liste der Ausbeuter an
Das meiste Geld ziehen US-Konzerne über ihre Gewinne aus den Ländern, in denen sie direkt investieren. Zwischen 2005 und 2020 belief sich der durchschnittliche jährliche Betrag auf sagenhafte 164,5 Milliarden Dollar. Es folgten niederländische und britische Unternehmen mit 65,5 Milliarden und 37,4 Milliarden Dollar jährlich. Zu den drei führenden Ausbeutern gesellten sich deutsche und französische transnationale Konzerne, die jedes Jahr 34,7 Milliarden und 33 Milliarden Euro aus den Ländern herauszogen, nachdem sie dort Fabriken und sonstige Anlagen gebaut oder heimische Unternehmen übernommen hatten. Insgesamt sogen die transnationalen Konzerne im genannten Zeitraum pro Jahr im Schnitt eine Billion Dollar aus den Ländern, die diesen für eine Steigerung der Investitionen und somit für die Beseitigung von Armut verloren gingen. Nur ein Drittel der Profite verblieben in den Ländern, in denen investiert wurde. In vielen Ländern, so die Ökonomen, überstiegen die abgezogenen Gewinne die Investitionen.
Profite durch Rohstoff-Förderung und niedrige Löhne
Am meisten – insgesamt 44 Prozent der Gewinnrücküberweisungen – holten sich die transnationalen Konzerne aus Ländern, die Rohstoffe fördern, darunter Russland, Nigeria und Kasachstan. Mit Beginn des Ukraine-Krieges und den Wirtschaftssanktionen der Nato-Staaten dürfte Russland aus dieser Gruppe herausgefallen sein. Eine weitere Quelle waren Länder mit geringen Lohnkosten, insbesondere in Osteuropa, Südostasien und Lateinamerika. So zogen transnationale Konzerne jedes Jahr 9,4 Milliarden Dollar an Gewinnen aus Thailand und 18,3 Milliarden Dollar aus Brasilien ab. Aber auch Steuerparadiese wie Irland oder Malta werden von transnationalen Konzernen gern genutzt, um Milliarden an Gewinnen in die Heimatländer zurück zu schleusen. Auffällig an der Untersuchung der Hamburger Ökonomen ist, dass chinesische Konzerne nicht in der Riege der Ausbeuter auftauchen – obwohl westliche Medien kaum einen Monat auslassen, vor deren Aktivitäten etwa in Afrika und der möglichen Abhängigkeit der dortigen Länder von der kommunistische Regierung in Peking zu warnen.
Mehr: Frankfurter Rundschau
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