Bahn-Kritiker Luik: Generalsanierung des Schienennetzes „Unverschämtheit“ und „größter anzunehmender Unfug“

Deutschlands bekanntester Bahn-Kritiker Arno Luik brandmarkt die als Generalsanierung des deutschen Schienennetzes verkauften Dauerbaustellen in den kommenden Jahren als Zeichen der Hilflosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Zugreisenden.

Wichtige Zugstrecken teilweise monatelang auf Rot: Bahn-Kritiker Arno von Luik nennt die als Generalsanierung verkauften Vollsperrrungen wegen Baumaßnahmen eine "Unverschämtheit" gegenüber den Zugreisenden (Foto: holzijue / pixabay)
Wichtige Zugstrecken teilweise monatelang auf Rot: Bahn-Kritiker Arno von Luik nennt die als Generalsanierung verkauften Vollsperrrungen wegen Baumaßnahmen eine „Unverschämtheit“ gegenüber den Zugreisenden (Foto: holzijue / pixabay)

Die Deutsche Bahn beginnt gerade mit einer groß angelegten Modernisierung des deutschen Schienennetzes und will dazu in den kommen sieben Jahren insgesamt 41 besonders stark befahrene Streckenabschnitte teilweise Monate lang sperren. Deutschlands bekanntester Bahn-Kritiker, der Journalist und Buchautor Arno Luik, verreißt das ganze Vorhaben, die Strategie dahinter sowie die konkrete Durchführung. Sein Urteil: „Größter anzunehmender Unfug“, „eine Unverschämtheit“ gegenüber den Zugreisenden, „Hilfslosigkeit“ des Bahn-Managements und politisches Versagen. Luiks wichtigste Argumente:

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Stilllegung zwecks Modernisierung eigentlich unnötig

Seit 200 Jahren, sagt Luik, würden Bahnstrecken „unter rollendem Rad“, also bei weiterlaufendem Betrieb, erneuert. Die von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) jetzt als Generalsanierung und Bauzeit sparend verkauften Vollsperrungen seien deshalb unnötig und eine Zumutung für die Reisenden. Dass die Bahn nicht auf die bewährte Strategie zurückgreife, liegen an deren jahrelanger Vernachlässigung und dem daraus resultierenden Verlust an Knowhow. Damit sei dem Unternehmen die kompliziertere Fahrplangestaltung bei der Sanierung unter laufendem Betrieb nicht mehr möglich. „Ich kenne einen ehemaligen Fahrplangestalter“, so Luik, „der seit fast zehn Jahren in Rente ist, und der wurde nun gebeten, den Ersatzverkehr mit zu organisieren.“

Geld floss in Auslandsbeteiligungen statt ins Schienennetz

Das Schienennetz sei zwar kaputt und es sei an dessen Erhalt gespart worden, so Luik. Operativ schuld daran seien jedoch nicht nur die Politiker, sondern die Bahn-Manager, die sie gewähren ließen. Als Hartmut Mehdorn 1999 an die Unternehmensspitze kam, erzielte die Bahn mehr als 90 Prozent ihres Umsatzes mit ihrem eigentlichen Kerngeschäft, dem Zugfahren in Deutschland. Heute kommen rund 50 Prozent aus dem Ausland. Die Deutsche Bahn macht Geschäfte in über 130 Ländern, vom Bau einer umstrittenen Strecke durch Regenwald in Mexiko bis Ägypten. Das Geld, dass dafür investiert wurde, fehlte für das Schienennetz hier zu Lande.

Politik hat versagt

Die Deutsche Bahn ist eine Aktiengesellschaft, deren Anteile zu 100 Prozent dem deutschen Staat gehören. Die Geschäftspolitik wird vom Aufsichtsrat abgesegnet, in dem Vertreter des Finanz-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums sitzen und dessen sonstige Mitglieder ebenfalls von der Bundesregierung bestimmt werden. Unmittelbar zuständig für die Deutsche Bahn ist der Bundesverkehrsminister. Diesen stellte vor dem heutigen Ressortschef Wissing von der FDP dreimal hintereinander ein Parteigänger der bayrischen CSU. Diese hätten zugelassen, so Luik, dass seit vielen Jahren an der Spitze des Unternehmens keine echten Eisenbahner mehr stünden. Der aktuelle Bahn-Chef Richard Lutz sei zwar seit Jahrzehnten im Konzern, jedoch zuerst als Kontrolleur und dann als Finanzvorstand. Und die Politiker hätten erlaubt, dass die Bahn das Schienennetz von über 40 000 Kilometer 1994 auf heute 33 000 Kilometer reduzierte.

Mehr: Focus

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