Die geplante Förderung von Elektroautos droht, die soziale Spaltung bei der Mobilität zu verstärken

Wirtschaftsexpertin Claudia Kemfert wirft der schwarzroten Bundesregierung vor, mit der geplanten Förderung von Elektroautos die soziale Spaltung der Gesellschaft bei der Mobilität zu verstärken.

Energieexpertin Professor Claudia Kemfert: Geplante Förderung von Elektroautos begünstigt Gutverdiener und trägt zu sozialen Spaltung bei (Foto: Stefan Müller, climate stuff, https://www.flickr.com/people/184802432@N05)

„Sozial unausgewogen“ – so lautet das Urteil von Claudia Kemfert, der Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIWK Berlin), das als eine der wenigen Forschungseinrichtungen hier zu Lande immer auch der Frage nachgeht, wen Entscheidungen der Bundesregierung bevorzugen und benachteiligen. Bei der von Schwarzrot geplanten Förderung der Elektroautos ist für die streitbare Expertin klar. Diese sei zwar technisch effektiv, würde also den Absatz der Stromer steigern.  Die vorgesehenen Maßnahmen jedoch, so Kemfert, “ fördern primär bereits privilegierte Gruppen und könnten die soziale Spaltung in der Mobilität verstärken“.

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Förderung von E-Autos ignoriert untere Einkommensgruppen

Grund ist die Ausgestaltung der Förderung. Statt diese auf niedrigere Einkommen und erschwingliche Elektroautos zu konzentrieren, wie dies zum Teil in Italien und zeitweise in Frankreich erfolgt, plant Finanzminister Lars Klingbeil von der SPD, Käufern von Firmenwagen eine Sonderabschreibung von 75 Prozent zu gewähren. Das heißt, gutverdienende Unternehmer und Selbständige könnten dann zum Beispiel von einer 80 000 Euro teuren Elektrolimousine auf einen Satz 60 000 Euro von ihrem zu versteuernden Einkommen absetzen – bekämen also gut und gern 25 000 Euro vom Staat für ihre neue batteriebetriebene Karosse geschenkt. „Diese Gruppe macht etwa 40 Prozent der Neuzulassungen aus, während die übrigen 60 Prozent und vor allem niedrige Einkommensgruppen ignoriert werden“, so DIW-Energieexpertin Kemfert. Überdies begünstige die Förderung primär höherpreisige Fahrzeuge und damit eher wohlhabendere Schichten. „Es besteht die Gefahr, dass Autobauer weiterhin höherpreisige Modellreihen in den Markt bringen, statt endlich auf kostengünstige Modelle zu setzen.“

Fortsetzung der sozialen Spaltung unter der Ampel-Regierung

Mit ihrer geplanten Förderung setzt Schwarzrot offenkundig nur fort, was der gesetzlich verankerte Sachverständigenrat für Klimafragen der Bundesregierung bereits im Februar an der Umwelt- und Klimapolitik der vorangegangenen Ampel-Koalition in einem 300-seitigen Gutachten kritisierte. Denn die die Experten betonten, dass einige Maßnahmen von Rotgrüngelb vor allem Menschen aus sozial schwächeren Schichten benachteiligt und dadurch die soziale Ungleichheit noch verstärkt hätten, so die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Brigitte Knopf: „So wurden bisher vor allem einkommensstarke Haushalte gefördert”. Dies habe einen “negativen Verteilungseffekt” – also dass ärmere Menschen weniger Geld erhalten und ihnen damit die finanziellen Mittel fehlen, etwa um aus dem Heizen mit fossilen Brennstoffen auszusteigen, zum Beispiel durch den Austausch einer Ölheizung.

Dabei lägen die Alternativen den Experten zufolge auf der Hand: zum Beispiel eine dauerhafte Senkung der Stromsteuer für alle Verbrauchergruppen, Förderprogramme, die sich jeweils an den sozialen Schichten orientieren, oder ein direkter finanzieller Ausgleich für einkommensschwache Haushalte.

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