Groß angelegte Recherchen haben ergeben, dass Klimazertifikate, mit denen Unternehmen sich als klimafreundlich präsentieren, zu 95 Prozent eine Täuschung sind. Die Drogeriekette Rossmann stoppt nun als erstes Großunternehnmen die Werbung mit dem Label “Klimaneutal”.

Sie tragen die Aufschriften “Klimaneutral”, “CO2-neutral”, Klimafreundlich” oder “Zero Emission”: Labels, mit denen Unternehmen sich und ihre Produkte bewerben, um als Klimaschützer dazustehen. Doch damit dürfte langsam Schluss sein. “Wir denken schon länger darüber nach, diese Label auf unseren Produkten wieder einzustellen – und das werden wir nun auch tun”, so Raoul Roßmann, Chef der Drogeriekette Rossmann. Damit reagiert der Großdrogerist auf Veröffentlichungen der britischen Tageszeitung Guardian und der deutschen Wochenzeitung Die Zeit . Ihnen zufolge sind vemutlich grob 95 Prozent der Zertifkate, denen die “Klimaneutral”-Labels zu Grunde liegen, wertlos, sprich: eine Täuschung der Öffentlichkeit. “Bislang war meine Haltung, solange die Klimaschutzprojekte dahinter nicht infrage stehen, kann man mit der Kritik an den Labels auch umgehen”, so Roßmann, “aber nun frage ich mich: Welcher Kunde nimmt das noch als Mehrwert wahr?” Zweifel an der Werbung mit den Labels haben inzwischen angeblich auch andere Unternehmen, darunter Volkswagen, der deutsche Software-Riese SAP und der italienische Kaffee-Konzern Lavazza.
89 Millionen Tonnen CO2 trotz Zertifikate
Dem aufgedeckten “Klimabetrug” (Die Zeit) liegen zwei Untersuchungen von Waldprojekten der Nicht-Regierungsorganisation Verra mit Sitz in der US-Haupstadt Washington zu Grunde. Diese verkauft Unternehmen Zertifikate, mit denen sie ihnen bescheinigt, sich an Waldprojekten zu beteiligen, durch die CO2 aus der Atmosphäre gebunden wird. Dies mindert, so die Idee, unterm Strich den CO2-Fußabdruck, den ein Unternehmen hinterlässt. Doch laut den Untersuchungen halten die allermeisten dieser Waldprojekte und damit die entsprechenden Zertifikate nicht, was sie versprechen. Die Schrott-Zertifikate können sogar verdecken, dass Unternehmen mehr Treibhausgas emittieren und sich auf dem Papier freikaufen, ohne das CO2 in der Atmosphäre anderweitig tatsächlich zu verringern. Insgesamt würden dadurch, so die Untersuchungen, 89 Millionen Tonnen CO2 in die Luft geblasen, statt wie in den Zertifikaten behauptet eingespart.
Druck auf Konzerne wächst
Die Enthüllungen und der Verzicht von Rossmann auf die Werbung mit dem “Klimaneutral”-Label sind Wasser auf die Mühlen der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Deren Anwälte hatten im vergangenen Jahr mehrere namhafte Unternehmen aufgefordert, nicht mehr mit ihrer angeblichen “Klimaneutralität” zu werben, weil dies eine Irreführung der Verbraucher sei. Darunter waren der Hamburger Körperpflegemittelhersteller Beiersdorf, die drei Mineralölkonzerne BP, Shell und Total, die Drogeriekette dm – und deren Konkurrent Rossmann. Nach dessen Ausstieg und den Äußerungen des Unternehmenschefs wachsen die Chancen, dass die abgemahnten Konzerne auf die Forderung der DUH eingehen oder im Falle der Weigerung vor Gericht den Kürzeren ziehen.
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