Für die Energiewende braucht Deutschland weniger Windräder als gedacht

Windkraftgegner begründen ihre Proteste mit verschandelten Landschaften und zerstörter Natur. Eine neue Studie zeigt jedoch, dass für den Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung sich weniger Windräder drehen müssen als heute.

Windräder in einem Getreidefeld
Weniger ist mehr Trotz Energiewende können sogar Windräder abgebaut werden Bild: Al3xanderD auf Pixabay

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein, was die Analysten der Berliner Denkfabrik Energy Watch Group augerechnet haben. Statt 30 000 Windräder wie heute müssten sich im Jahr 2030 nur 24 000 Anlagen in die Höhe recken. Und trotzdem wäre eine vollständige Energieversorgung Deutschlands aus erneuerbaren Quellen gesichert: bei Strom, Wärme, Industrie und im Verkehr.

Geothermie und Biokraftstoffe senken den Ausbaubedarf

Taktische Schönrechnerei gegen die Windkraftphobie mancher Bürger und der Landesregierungen in Baden-Württemberg und Bayern, wo bisher besonders wenige Anlagen stehen? Oder gegen die Artenschutzsorgen von Wissenschaftlern?

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Die Berliner begründen ihre Korrektur gegenüber früheren Studien mit zwei Faktoren. In diesen Szenarien, argumentieren sie, seien die Potentiale von Biokraftstoffen und oberflächennaher Geothermie unterschätzt worden. Würden sie berücksichtigt, ergäbe sich eine Einsparung von mehr als 100 Terawattstunden (TWh) Strom aus Wind und Sonne. Für Wind sinke die benötigte jährliche Leistung von 300 000 auf 250 000 TWh.

Weniger Fläche für 100 Prozent Ökostrom

Zweitens reduziert dem Papier zufolge der Austausch leistungsschwacher Altanlagen gegen stärkere, moderne Rotoren – das sogenannte Repowering – die Zahl der Windräder. Lag die mittlere Leistung des zwischen Ostsee und Alpen installierten Windparks vergangenes Jahr bei mageren 1,8 Megawatt (MW), wächst sie bis 2030 auf fünf MW, prognostizieren die Berliner.

Im Ergebnis mindert die Entwicklung den Flächenbedarf, so die weitere frohe Botschaft. Selbst um das Land vollständig mit Ökostrom zu beliefern, müssen nicht auf mehr als zwei Prozent der Felder und Wälder Windräder aufgestellt werden. Nach der bisherigen Kalkulation der Ampel-Koalition würde die Fläche nur für eine 80prozentige Vollversorgung reichen.

Schwieriges Jahr für die Windbranche

Die führenden Windradbauer werden die Botschaft vom geringeren künftigen Bedarf zumindest hier zu Lande mit gemischten Gefühlen hören. Stecken sie aktuell doch durch die Bank alle in einer schwierigen Geschäftslage – trotz eines Rekordausbaus der Windstromkapazitäten noch vor zwei Jahren.

Die Corona-Pandemie hat Investoren vorsichtig gemacht und die Lieferketten so massiv gestört, dass es zu Materialengpässen und scharf anziehenden Beschaffungskosten kam. In der Folge erlitten alle Hersteller, ob General Electric (GE) aus den USA oder die dänischen Konzerne Vestas und Orsted, erhebliche Umsatzeinbußen.

Aktienkurs von Siemens Gamesa halbierte sich fast

Am härtesten aber traf es laut dem Finanzportal “yahoo!finance” Siemens Gamesa, ein Tochterunternehmen von Siemens Energy. Der selbst ausgerufene Weltmarktführer meldete für das letzte Quartal 2021 einen Umsatzrückgang von rund 1,8 Milliarden Euro – und nahm damit rund ein Fünftel weniger ein als im Vorjahresquartal. Der Aktienkurs halbierte sich 2021 annähernd.

Hoffnung auf ein Ende der Durststecke

Für dieses Jahr hoffen alle Hersteller auf ein Ende der Durststrecke, angetrieben von den weiter existierenden globalen ehrgeizigen Ausbauplänen für die Windkraft an Land und zu See. Auch die steigenden Strompreise wecken neuen Optimismus. Eines wünschen sich die Akteure dabei unisono: Klare politische Rahmenbedingungen statt ständigem Hin und Her.

Mehr: solarify finance.yahoo

Von Dieter Dürand

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