Insolvenzverwalter: Enyway soll weiter leben

Der vom Amtsgericht bestellte Verwalter von enyway, Justus von Buchwaldt, hofft, den Geschäftsbetrieb des überschuldeten Stromvermittler zumindest in Teilen fortführen zu können.

Wassermühle Enyway-Abnehmer kannten ihre Produzenten (Andreas Hermsdorf/Pixelio.de)

Der Grund für die Pleite sind die steigenden Strompreise. Leider führten die explodierenden Großhandelspreise ausgerechnet bei den Anbietern von Ökostrom zu Insolvenzen, erklärt von Buchwaldt. Da der Insolvenzverwalter davon ausgeht, dass enyway weiter arbeitet, hat er bereits einen Antrag auf Insolvenzgeld-Vorfinanzierung gestellt.

In den vergangenen Wochen hatten eine Reihe von Öko-Carriern ihre Stromlieferungen eingestellt oder Insolvenz angemeldet. Dazu gehörten Stromio, Smiling Green Energy, die Otima Energie AG, Lition, Fulminant Energie, die Dreischtrom GmbH sowie Enqu und Berla Energie.

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Spotmengen als Schnäppchen

Die oft günstigen Anbieter scheitern an ihrem Geschäftsmodell, dass darin besteht, Spotmengen als Schnäppchen kurzfristig zu erwerben. Wenn die Großmarktpreise dann nach oben gehen, können sie ihre Billigangebote nicht mehr aufrecht erhalten. Klassische Anbieter decken sich dagegen Monate im voraus ein, auch wenn das Preisniveau höher ist. Denn für sie gilt: Sicherheit geht vor Geiz. Allerdings hält sich das Risiko für die Endkunden der Pleitiers in Grenzen. Im Dunkeln werden sie nicht sitzen. Der örtliche Versorger springt automatisch ein und liefert weiter – manchmal zu Standardpreisen.

AirBnB für Strom

Zwar liegen die Gründe für die Pleite sowohl bei enyway wie bei den anderen alternativen Lieferern in den extremen Preissprüngen. Doch das Startup arbeitete nach einem anderen Geschäftsmodell. Gründer Heiko von Tschischwitz bezeichnete das Unternehmen als  “AirBnB für Strom”. Die Hamburger verstanden sich als Vermittler zwischen öko-bewussten Endverbrauchern und vorwiegend kleinen und kleinsten Erzeugern.

Auf eine Tasse Kaffee beim Stromproduzenten

So gab es einen Produzenten, der seinen Strom in einer umgebauten Wassermühle an der Wümme, unweit von Bremen, erzeugte – jährlich nur schlappe 100 000 Kilowattstunden. Das reicht gerade für 25 Haushalte von je vier Personen. Billig war der enyway-Strom nicht. Aber auch nicht viel teuer als bei Großkonzern. Die drei oder fünf Euro mehr im Monat machte allein die Vorstellung wett, dass man seinem Stromerzeuger kannte. In den lichten Großraumbüros des Stromhändlers am Hamburger Kapstadtring kursieren Geschichten von Stromkunden, die bei ihrem Erzeuger auf eine Tasse Kaffee vorbei kamen und sich die Anlage erklären ließen.

Auf den ersten Blick schien das Modell krisenfest. Doch konnten die Kleinproduzenten den Strom nicht immer garantieren. Wenn die Sonne nicht schien, lieferten die Solarerzeuger nicht. Wehte kein Wind, fielen die Windrad-Betreiber aus. Dann kaufte enyway Strom auf den Spotmärkten ein. Zuletzt meist zu Höchstpreisen. Auch die kleinen Stromverkäufer mussten ihre Abgabepreise an den Markt anpassen. Enyway war folglich – trotz seines besonderen Geschäftsmodells – ähnlichen Zwängen ausgesetzt wie ein x-beliebiger Billigstromanbieter.

Crowd-Investoren bleiben verschont

Ungeschoren vom Konkurs bleiben neben den Stromkunden wohl auch die Crowd-Investoren. Enyway hatte seinen Kunden geboten, sich – auch mit Kleinstbeträgen – an einem Waldprojekt oder an einer Solaranlage zu beteiligen. Das Hamburger Startup sei hier aber nur als Vermittler tätig gewesen, erklärt CEO von Tschischwitz. Die Rückzahlung der Darlehen und die Zinszahlungen erfolgten zum ursprünglich angesetzten Zeitpunkt durch die Herausgeber.

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