Klimasünder Internet

Stets online, Videochats, streamen, was das Zeug hält – auch wenn manch junger Klimaktivist es nicht so gerne hören mag: Das Internet mit seinen gigantischen Datenmengen treibt die Erderhitzung stärker voran als der internationale Flugverkehr.

Stilisierte Server-Racks
Stilisierte Server-Racks Das Internet ist für rund vier Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich
Darstellung: Pixel_perfect auf Pixabay

Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der englischen Universität Lancaster um Mike Berners-Lee, weltweit renommiertem Experten für die Quantifizierung von CO2-Fußabdrücken, nachdem sie noch einmal nachgerechnet haben: Welche Mengen an Treibhausgasen setzt der rasche globale Ausbau der elektronischen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wirklich frei?

Zwischen Effizienz und Erderhitzung

Weit mehr, als bisher unterstellt. Rechenzentren, Internet, Datenverkehr und Videostreaming etwa verursachen demnach bis annähernd vier Prozent der globalen Emissionen – rund ein Prozent mehr als nach den alten Zahlen. Der wahre Wert entspricht in etwa den Klimaspuren, mit denen der internationale Flugverkehr zum Temperaturanstieg auf unserem Planeten beiträgt.

Für Berners-Lee ein klarer Warnhinweis. “Das Computerzeitalter bringt einerseits mehr Effizienz in den letzten Winkel der globalen Ökonomie. Aber sein Beitrag zur CO2-Reduktion ist nicht so eindeutig wie vermutet.”

Klarer Plan der Politik notwendig

Im Gegenteil. Neue Anwendungen wie künstliche Intelligenz, Big Data, Cyberwährungen und das Internet der Dinge würden den Stromverbrauch der IKT weiter antreiben, prognostizieren die Forscher. Um bis zum Jahr 2050 auf die angestrebten Null-Emissionen zu kommen, müssten Politik und Unternehmen einen klaren Plan aufstellen, wie das Ziel erreicht werden kann.

Erste Ansätze gibt es bereits. Internetgiganten wie Google beispielsweise stellen ihre monströsen Rechenzentren auf grünen Strom um. Der US-Multi will seine Datencloud unter anderem künftig mit sauberer Windenergie von der Waterkant betreiben.

Videonutzung treibt den Stromverbrauch

In Deutschland ist ein Haupt-Kilowatt-Fresser die Videonutzung. Sie steht für rund 80 Prozent des hiesigen Datenverkehrs. Das Umweltbundesamt hat in Beispielrechnungen den Stromverbrauch transparent gemacht. Im Glasfasernetz verursacht eine Stunde Video schauen demnach zwei Gramm CO2; beim Kupferkabel (VDSL) sind es doppelt so viel, nämlich vier Gramm.

Sprach- statt Videoanruf

Besonders klimaschädlich ist es, mobil zu surfen. Eine Stunde Videostreaming via 4G-LTE-Verbindung befeuert die Erderwärmung mit 13 Gramm Kohlendioxid. Das klingt zunächst nicht nach viel. Doch sind das bei 100 000 Nutzern schon 1300 Kilogramm pro Stunde.

Jeder kann aber leicht gegensteuern. Wer zum Beispiel einen Video- durch einen simplen Sprachanruf ersetzt, tut etwas fürs Klima. Denn das Datenvolumen sinkt um den Faktor Fünf, mithin auch der Stromverbrauch.

Mehr: lancaster sciencedaily

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