Kohle-Aus: Wyoming hat den Ruhrpott-Blues

Das Kohlerevier droht anderen US-Bundesstaaten, sie vor Gericht zu ziehen, wenn diese ihm den fossilen Brennstoff nicht mehr abkaufen wollen.

Endlose Weiten, menschenleere Prärie Wyomings lebt von der Kohleindustrie
Foto: wikimedia/https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Wusel007

Deutsche kennen Wyoming am ehesten vom Reiturlaub mit Cowboy-Flair oder als Besucher des berühmten Yellowstone-Nationalparks. Doch vom Tourismus kann der am dünnsten besiedelte US-Bundesstaat nicht leben. Die Regionalregierung ist auf die Einnahmen aus der Kohle- und Gasindustrie angewiesen, um Schulen, Infrasstruktur und Bürgerdienste zu finanzieren,

Republikaner wollen auch die Schließung von Kohlekraftwerke verbieten

Doch die drohen mit Präsident Joe Bidens Ankündigung wegzubrechen, die Wirtschaft der USA klimaneutral umzugestalten. Er setzt dabei vor allem auf den Ausbau von Wind- und Sonnenkraft. Das gefällt dem republikanischen Gouverneur Mark Gordon gar nicht.

Aus diesem Grund hat er jetzt einen mit 1,2 Millionen Dollar ausgestatteten Fond eingerichtet. Mit dem Geld will er andere Bundesstaaten verklagen, die keine schmutzige Kohle mehr aus Wyoming verbrennen wollen, um die Erderhitzung zu bremsen. Einige Republikaner schlugen jüngst sogar vor, die Schließung von Kohlekraftwerken gesetzlich zu verbieten.

Klagen hätten nur geringe Erfolgsaussichten

Juristen halten die angedrohten Klagen für eine wenig aussichtsreiche Verzweiflungstat und sehen geringe Erfolgschancen vor Gericht. Zwar verbietet die amerikanische Verfassung einen generellen Warenboykott gegenüber einzelnen Bundesstaaten. Sehr wohl aber steht jedem Staat frei, einzelne Produkte zu verbannen.

Wyoming, das 40 Prozent der amerikanischen Kohle fördert und mit ihr 14-mal mehr Strom erzeugt, als Bürger und Wirtschaft selbst verbrauchen, hat den unvermeidlichen Strukturwandel lange ignoriert. Lieber verließ sich die erzkonservative Regierung auf das Versprechen von Ex-Präsident Donald Trump, die Kohleindustrie neu zu beleben. Eingelöst hat er es nicht.

Abstieg vom Helden zum Schurken

So leidet der Präriestaat im Westen der USA unter einer ähnlich depressiven Stimmung wie die Menschen im Ruhrgebiet, nachdem Anfang der 1960iger Jahre das Zechensterben begann. Der Stolz, einst das Licht im ganzen Land am Flackern gehalten zu haben, mischt sich mit mangelnder Perspektive auf einen ökonomisch zukunftsfähigen Ersatz.

Rob Godby, Experte für natürlich Ressourcen an der Universität von Wyoming, versteht die Mischung aus Frust und Wut. “Es ist schwierig zu verkraften, vom Helden zum Schurken abzusteigen.”

Windkraft könnte zur Alternative werden

Eine Perspektive könnte der Ausbau der Windenergie bieten. Fläche ist mehr als genug vorhanden. Doch einen echten Zukunftsplan legte Gouverneur Gordon bisher nicht vor. Lieber kämpfe er gegen das Unvermeidliche an, um seine Wählerbasis bei Laune zu halten, sagt Godby. Selbst eine erfolgreiche Klage wäre allenfalls ein “Phyrrussieg”, fügt er hinzu. “Der Ausstieg aus der Kohle ist nicht mehr aufzuhalten.”

Mehr: Guardian

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