Nezzy² trotzt schwersten Stürmen und fühlt sich auch im tiefen Wasser wohl

In wenigen Monaten ist es soweit. Eine bizarre schwimmende 16-Megawatt-Doppelturmanlage in V-Optik soll vor Chinas Küste entstehen. Bislang gab es nur ein Modell im Maßstab 1:10 in der Ostsee. Die 180 Meter hohe Konstruktion eröffnet der Windkraft völlig neue Perspektiven.

Schwimmende Windanlage Nezzy² Doppelrotor richtet sich im Wind automatisch aus (EnBW/aerodyn/Jan Oelker)

Bis zu 16 Megawatt sollen die beiden Rotoren zusammen liefern. Damit würde die Anlage einen Rekord brechen. Bislang lieferten die leistungsstärksten Windkraftanlagen – mit einem Rotor – 15 Megawatt. Eine Anlage dieser Größenordnung kann rund 15 000 Haushalte mit Strom versorgen.

Von den gängigen Offshore-Anlagen unterscheidet sich Nezzy² gewaltig. Zum einen handelt sich es um eine V-förmige Konstruktion an deren oberen Enden sich die zwei Rotoren drehen. Wenig erinnert an den gewohnten Anblick von Windkraft-Türmen. Zum anderen ist die Anlage nicht fest im Meeresboden verankert. Sie ist auf einer Plattform befestigt, die größtenteils unter der Wasseroberfläche schwimmt. Nur Anker halten sie. Damit ist die Konstruktion auch für große Meerestiefen geeignet. Bei festgegründeten Windkrafttürmen ist bei etwa 60 Metern Tiefe Schluss.

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Reichlich Windressourcen über tiefem Wasser

Doch weht der Wind gerade über küstenferneren Meereszonen kräftig und zuverlässig. Etwa 80 Prozent der weltweiten Windressourcen liegen über Gewässern, die 60 Meter und mehr tief sind. Bläst der Wind auf dem deutschen Festland im Durchschnitt jährlich etwa 1800 Stunden, so kommen in Küstennähe rund 3200 Stunden zusammen. Doch weiter draußen auf dem Meer gibt es Zonen mit bis zu 5000 Windstunden.

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Nezzy² Hier noch im Kleinformat mit nur 18 Meter Höhe (EnBW)

Weiterer Vorteil der Doppelrotor-Anlage: Sie richtet sich automatisch nach dem Wind aus. Ihre Sturmfestigkeit hat das Nezzy²-Modell während des Sturmtiefs Gisela im Herbst 2020 bewiesen. Damals hielt die Anlage Winden der Stärke 9 und Wellen von über drei Meter Höhe stand. Das Original ist sogar für Taifune mit Wellen von 21 Meter Höhe ausgelegt.

“Nezzy Quadrat”, wie die Ingenieure des Windanlagenbauers Aerodyn ihr Baby nennen, erschließt damit ganz neue Märkte. Die Aerodyn-Techniker wollen die Kosten pro installiertem Kilowatt auf 4000 Euro senken. Die branchenübliche Kalkulation für Windkraftanlagen auf den Meer geht von 5000 bis 7000 Euro pro Kilowatt aus.

Spannseile machen Türme leichter

Möglich macht es das ungewöhnliche Design. Das Gewicht der Anlage über Wasser ist um fast ein Viertel kleiner als die von vergleichbaren Einturm-Konstruktionen. Durch die V-förmige Anordnung der beiden Masten wird der Abstand der Rotorachsen zur Meeresoberfläche geringer. Zusätzlich ist die Anlage leichter, weil Spannseile die Türme stabilisieren. Und die Gesamtmasse liegt zu 80 Prozent unter Wasser. Dank dieser geschickten Verteilung ist das Gewichtsmoment nur halb so groß wie bei herkömmlichen Anlagen.

Geheimnistuerei um Partner und Ort

Wo genau die Aerodyn-Macher den Doppelturm aufbauen, bleibt vorerst Firmengeheimnis. Irgendwo im südchinesischen Meer bei Macau, soll die Anlage, höher als der Kölner Dom, arbeiten. Auch über den genauen Zeitpunkt der Installation reden die Windkraft-Konstrukteure und ihre beiden Auftraggeber nicht. Neben dem deutschen Energieriesen EnBW ist ein chinesischer Partner im Boot. Die chinesische Seite zieht es vor, anonym zu bleiben. Fest steht, dass die skurrile Mega-Anlage zunächst ausgiebig getestet wird. Möglicherweise soll später ein Offshore-Windpark mit vielen Nezzys² entstehen. Aber auch dazu schweigen die Partner.

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