Plan gegen die Abhängigkeit von russischem Gas

Mit zehn Maßnahmen könnte Europa seinen Bezug von Gas um ein Drittel senken, ohne seine Klimaziele aufzugeben. Was die Internationale Energieagentur vorschlägt.

Flamme erhitzt Topf auf einem Gasherd
Topf auf dem Herd Auch ohne russisches Gas bleibt die Küche nicht kalt Bild: stevepb/Pixabay

In der Aufgewühltheit über das menschliche Leid, das Wladimir Putins brutaler Angriffskrieg auf die Ukraine auslöst, mischen sich zunehmend Sorgen über die ökonomischen Auswirkungen bei uns. Spekuliert wird zum Beispiel, der Strom könne Deutschland im nächsten Winter ausgehen, weil 6400 Megawatt (MW) Kraftwerksleistung für eine sichere Versorgung fehlten – zumindest rechnerisch. Oder Wohnungen würden kalt bleiben, wenn Putin den Gas-Hahn zudreht.

Mit täglichen Milliardenzahlungen füllt Europa Putins Kriegskasse

Klar ist: Die Abhängigkeit von Öl-, Gas- und Kohlelieferungen aus dem Reich des Diktators ist groß. So groß, dass Europa ihm mit täglichen Milliardenzahlungen weiter die Kriegskasse füllt – allen Sanktionen zum Trotz. Hektisch prüft die Bundesregierung derzeit Optionen, sich aus der Falle zu befreien.

ANZEIGE

Jetzt legte die in Paris ansässige Internationale Energieagentur (IEA) ein zehn Punkte umfassendes Maßnahmenpaket vor, das zumindest beim Gas einen Ausweg für Europa, und damit auch Deutschland, aufzeigt. Seine Umsetzung würde die Importe der Europäischen Union (EU) von russischem Erdgas innerhalb eines Jahres um mehr als 50 Milliarden Kubikmeter oder “mehr als ein Drittel reduzieren“, schätzen die IEA-Experten. Vergangenes Jahr kaufte die EU 155 Milliarden Kubikmeter in Moskau ein. Sie deckten fast 40 Prozent der gesamten Gasverbrauchs von Polen bis Portugal.

Mehr Flüssiggas, höhere Reserven und keine neuen Lieferverträge mit Gazprom

IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol mahnt zur Eile. „Russlands Einsatz seiner Erdgasressourcen als wirtschaftliche und politische Waffe zeigt, dass Europa schnell handeln muss, um auf erhebliche Unsicherheiten bei den russischen Gaslieferungen im nächsten Winter vorbereitet zu sein“

Um schnell Wirkung zu erzielen, fordern die Pariser Experten keine neuen Lieferverträge mit Gazprom abzuschließen und stattdessen die Importe aus Ländern wie Norwegen, Aserbaidschan und Algerien zu erhöhen. Außerdem eine Infrastruktur für Flüssiggas (LNG) aufzubauen. Zugleich sollten die Gasversorger in den europäischen Ländern verpflichtet werden, höhere Gasreserven vorzuhalten und alle Reserven aus Kernkraftwerken und Biogasanlagen vorübergehend maximal ausgeschöpft werden.

Massive Investitionen in die Erneuerbaren

Ebenso fordert die IEA die Regierungen auf, noch dieses Jahr die Kapazitäten von Solar- und Windkraftanlagen weit schneller als vorgesehen auszubauen. Sie schlägt dafür unter anderem ein drei Milliarden Euro umfassendes, kurzfristig aufzulegendes Förderprogramm für solare Dachkraftwerke vor, das Immobilienbesitzern 20 Prozent der Installationskosten erstattet.

Thermostat herunter drehen spart zehn Milliarden Kubikmeter Gas

Der zügige Umstieg auf Erneuerbare soll einher gehen mit dem Austausch von Öl- und Gasheizungen gegen Wärmepumpen sowie massiven Investitionen in energieeffiziente Gebäude und industrielle Prozesse. Mit Zuschüssen müssten vor allem einkommensschwächere Haushalte in die Lage versetzt werden, sich Strom und Wärme weiter leisten zu können, so die Experten weiter. Die Verbraucher könnten auch selbst einen wirksamen Beitrag leisten, schreiben sie in ihrem Report: Drehen sie das Thermostat an den Heizkörpern nur um ein Grad Celsius herunter, spart das zehn Milliarden Kubikmeter Gas ein. Keine Kleinigkeit.

Und auf noch eines legen die IEA-Analysten wert. Unter dem Strich, betonen sie, wären die Maßnahmen vereinbar mit den Klimazielen der EU. Das sieht auch EU-Energiekommissarin Kadri Simson so. „Es geht darum, erneuerbare Energien und Energieeffizienz so schnell wie möglich zu entwickeln.“ Und sie ergänzt: Jede zusätzliche Windturbine und jedes zusätzliche Solarpanel in Europa ist ein Schritt nach vorn im Kampf für das Klima und für unsere Energieunabhängigkeit.”

Mehr: rnd businessinsider euractiv

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*