Stromausfall in Texas – es waren nicht die Windturbinen

Tagelang harrten Millionen Texaner im Februar während einer Kältewelle ohne Licht und Heizung in ihren Häusern aus. Konservative US-Politiker und Kohlefans hatten den Schuldigen schnell ausgemacht: Vereiste Windräder. Experten kommen zu einem ganz anderen Schluss.

Windpark In Texas gab er nur mit wenigen Anlagen Vereisungsprobleme Foto: BWE/Jens Meier

Ehe auch nur annähernd Details und Ursachen der Stromausfälle bekannt waren, twitterte der republikansiche US-Senator von Montana, Steve Daines: “Die Stromausfälle sind ein perfektes Argument dafür, dass die USA verlässliche Energieträger wie Kohle und Gas brauchen.” Und auch die Klimawandel-Leugner des Europäischen Instituts für Klima & Energie (EIKE) titelten umgehend: “Eingefrorene Windkraftanlagen lösen Stromausfälle in Texas aus.”

Es fehlten Notfall-Reserven

Ziemlicher Unsinn. Zu diesem Urteil kommen die Strommarktexperten der Berliner Agora Energiewende und des Regulatory Assistance Projects (RAP) nach gründlicher Aufarbeitung der Vorgänge. Der texanische Stromnetzbetreiber Ercot habe es vielmehr versäumt, sich auf eine Kältewelle dieses Ausmaßes vorzubereiten und entsprechende Notfallreserven vorzuhalten.

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3,5 Millionen Haushalte bibberten ohne Heizung

Vom 11. bis 16. Februar maßen Metereologen an 50 Orten des Mittleren Westens der USA die niedrigsten jemals aufgezeichneten Temperaturen. Daraufhin stieg die Stromnachfrage auf 74 000 Megawatt (MW) – fast 20 MW mehr als die übliche Winterspitze. In einem “extremen” Planungsszenario rechnete Ercot jedoch im schlimmsten Fall mit etwas über 67 000 Megawatt. Damit die Stromleitungen unter dem überschießenden Bedarf nicht zusammenbrachen, mussten die Energiemanager einen Teil abschalten – 3,5 Millionen Haushalte saßen im Dunkeln und Kalten.

Ein Atomkraftwerk ging wegen unzureichenden Frostschutzes vom Netz

In ihrer Analyse tragen die Experten die Fakten zusammen. Und die sehen so aus: Die Stromerzeugung aus Kohle lag bei 60 Prozent der geplanten Kapazität. Eines der vier Kernkraftwerke des Bundesstaates ging nach wenigen Stunden vom Netz. Vermutlich aufgrund eines unzureichenden Frostschutzes, schreiben sie. Es lief erst nach dem Ende der extremen Kälte wieder mit voller Leistung. Gaskraftwerke machten 55 000 MW der geplanten Ressourcen aus, aber nur 31 000 MW waren am 15. Februar verfügbar, teils wegen eingefrorener Anlagen, teils weil Gaslieferungen ausblieben.

Dagegen produzierten die Windparks zu fast jeder Stunde mehr Watt und Volt als Ercot in seinem Extrem-Ausfall-Szenario eingeplant hatte – trotz der zeitweisen Ausfälle einzelner, vereister Rotoren.

Die richtigen Lehren aus dem Desaster ziehen

Wichtig sei es jetzt, fordert Agora-Experte Philipp Litz, die richtigen Lehren aus dem Desaster zu ziehen. So müsse Texas, das in Sachen Energieeffizienz gerade einmal Platz 29 unter den 50 US-Bundesstaaten einnimmt, auf weniger Energie fressende Heizsysteme umstellen, um Stromspitzen zu glätten. Zudem sollte Ercot sein Stromnetz an das angrenzender Bundesstaaten ankuppeln, um von dort bei Knappheit Ausgleichsenergie beziehen zu können. Bisher agiert der Versorger isoliert.

Das sei umso dringlicher, mahnen die Autoren Richtung Texas, als solche extremen Kältewellen “in Zukunft aufgrund des Klimawandels mit hoher Wahrscheinlichkeit häufiger auftreten” würden.

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