Weniger Bürokratie, mehr Gaskraftwerke – so gelingt die Energiewende

Langwierige Genehmigungsverfahren etwa für aufgepeppte Windparks oder saubere Produktionsanlagen bremsen die Energiewende aus. Will Deutschland schon 2030 aus der Kohle aussteigen, müssen wasserstofffähige Gaskraftwerke einspringen.

Steamcracker von BASF Umstieg auf Elektroheizung hülfe dem Klima mehr als ein Tempolimit Foto: BASF SE

Beim Bestreben, den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zügig zurück zu fahren, fällt dem Bürokratieabbau eine Schlüsselrolle zu. Das ergibt eine aktuelles Gutachten des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln für den Verband der Chemischen Industrie (VCI).

Wirksamer als Tempolimit und Verbot von Inlandsflügen

Ein Beispiel sind sogenannte Steamcracker: Anlagen die langkettige Kohlenwasserstoffe für die Weiterverarbeitung in kurzkettige umwandeln. Der Chemiegigant BASF würde so eine in Ludwigshafen mit Erdgas betriebene Anlage für Lacke und Kunststoffe gerne auf eine Elektroheizung umstellen. Der Klimaeffekt des Wechsels auf Grünstorm wäre enorm. Die CO2-Einsparung für Deutschland wäre höher als die Einführung eines Tempolimits von 130 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen und eines Verbots von Inlandsflügen zusammen.

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Desaster für die Erneuerung der Infrastruktur

Das Problem nur: Es zieht sich mitunter viele Jahre dahin, bis die Behörden grünes Licht für solche Umbauten geben. Vor dem gleichen Dilemma steht zum Beispiel die Bahn. Wenn es schnell gehen würde, könnte Züge nach spätestens 13 Jahren über neue Schienenstrecken rollen. Hierzulande zieht sich der Prozess aber von der Vorplanung bis zur Realisierung zehn Jahre länger hin.

Alles ein Desaster für die notwendige Erneuerung der Infrastruktur.

Vermeidbare ökologische und ökonomische Folgekosten

Es wiederholt sich beim Austausch alter Windräder gegen neue, viel leistungsstärkere – dem sogenannten Repowering. In vier von zehn Fällen verhindere die geltende Regionalplanung die Ertüchtigung, kritisieren die IW-Experten. Leitautor Thilo Schaefer appelliert daher an die neue Ampelregierung: “Planungs-. und genehmigungsrechtliche Hürden und Verzögerungen müssen so schnell wie möglich beseitigt werden, um ökologische und ökonomische Folgekosten zu minimieren.”

Das ist nicht die einzige Herausforderung, der sich die neu formierte Koalition stellen muss, will sie ihre Klimaziele nicht verfehlen. Forscher des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) der Uni Köln haben hochgerechnet, welche neuen Energiequellen bereit stehen müssen, sollte das letzte Kohlekraftwerk tatsächlich schon 2030 vom Netz gehen.

Ein Kraftakt sondergleichens

Was vielen Klimaaktivisten weh tun wird. Nach dieser Analyse wäre der Neubau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken mit einer Gesamtkapazität von 23 000 Megawatt (MW) notwendig, um Wirtschaft und private Haushalte zuverlässig mit Strom zu versorgen. Das entspricht in etwa der Leistung von 23 Atomkraftwerken.

Hinzu kämen 14 600 MW Photovoltaik, 2200 MW Windanlagen auf See und 3900 MW an Land – jährlich. “Das ist ohne Frage ein Kraftakt“, sagt EWI-Experte Max Gierkink.

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Von Dieter Dürand

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