Frankreich: Über fünf Millionen Häuser und Wohnungen sind “energetische Siebe”

Jedes sechste Behausung verbraucht pro Jahr und Quadratmeter mehr als 330 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. Nur fünf Prozent aller Erstwohnsitze konsumieren weniger als 90 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.

Alte Häuser in Paris Durchlässig wie Siebe (Mario Heinemann/Pixelio)

Zum Vergleich: Letzteres entspricht etwa dem deutschen Standard um die Jahrtausendwende. Heute gelten zwischen Rhein und Oder Wohnbauten mit einen Quadratmeterverbrauch von unter 40 Kilowattstunden als Norm. Wer jedoch auf Förderungen nicht verzichten will, muss sein Haus nach dem sogenannten KfW-40-Standard bauen. Der Energieverbrauch darf danach pro Quadratmeter nur bis zu 30 Kilowattstunden im Jahr betragen.

Frankreich mit seinem schönen alten Baubestand ist von solchen Zahlen weit entfernt. Das stellte die jüngste Aktualisierung des staatlichen Beobachtungsbüros für die energetische Renovierung (ONRE) klar. Besonders schlimm steht es um die Kleinstwohnungen mit weniger als 30 Quadratmeter Wohnfläche. In diesen Wohnungen hausen vor allem Arme und Landbewohner. Diese Bleiben fallen zu einem Drittel energetisch unter die miesesten Energieverbrauchsklassen F und G.

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In Frankreich gibt es sieben solcher Klassen von A bis G. Die Bestkategorie A duldet einen Maximalverbrauch von 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Sie liegt damit noch unter den Anforderungen eines KfW-70-Hauses. Ein solcher Neubau wäre in Deutschland nicht mehr genehmigungsfähig.

Häuser wie energetische Siebe

Die Klasse F ist Wohnungen vorbehalten, die 331 bis 450 Kilowatt pro Quadratmeter für die Heizung beanspruchen. Die schlechteste Klasse G bezieht sich auf Wohnungen, die mehr Energie als 450 Kilowatt pro Quadratmeter verbrauchen.

Frankreichs ärmste Mieter und Kleinstwohnungsbesitzer wohnen also in Behausungen, die “energetische Siebe” sind und deren Heizbedarf etwa 15-mal höher liegt als der Durchschnitt in deutschen Neubauten. Die Mittelschicht hat es da besser. Wohnungen und Behausungen mit über hundert Quadratmeter fallen nur zu 13 Prozent unter die Energieklassen F oder G.

Allerdings sind die sogenannten residences secondaires, also die Landhäuser und Zweitwohnsitze – in Frankreich nicht nur Sache reicher Leute – im Schnitt fast gleich schlecht isoliert wie die Kleinstwohnungen. Doch was soll’s: Die meisten werden ohnehin nur während der milden Jahreszeiten genutzt.

Mehr: Le Monde

Lothar Schnitzler/Frankreich

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