Fraunhofer ICT hat die größte Vanadium-Redox-Flow-Batterie Europas probeweise ans Netz angeschlossen. Damit zeigen die Fraunhofer-Forscher, wie gespeicherte erneuerbare Energie die Versorgung stabilisieren kann.

In einem Testlauf konnten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie den größten Vanadium-Redox-Flow-Speicher Europas erfolgreich an das Netz anschließen. Der Probelauf zeigt darüber hinaus, dass Großbatterien durchaus in der Lage sind, einen wesentlichen Beitrag zur Netz-Stabilität zu leisten. »Wir haben gezeigt, dass sich erneuerbare Energien mit unserer Speicherplattform intelligent steuern lassen. Das ist ein entscheidender Schritt hin zu einem stabilen, flexiblen und resilienten Stromsystem, das auf erneuerbaren Quellen basiert«, erklärt Jens Noack, Team Manager für Flow Batteries am Fraunhofer ICT.
Batterien sind ein wesentlicher Baustein der Energiewende. Weil die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht ständig weht, braucht es Puffer. Entweder in Form von Kraftwerken und Pumpspeicherwerken, die während der Dunkelflauten einspringen. Oder in Form von Batterien. Auch für das Gegenteil der Dunkelflauten, für die sogenannten Hellbrisen, braucht das Netz Batterien, um den überschüssigen Strom zu speichern.
Fraunhofer gegen dummes Netz
Das Problem: Unser Netz ist ziemlich dumm. Und folglich wenig flexibel. Mit den Batterien, die eigentlich dem abhelfen sollten, verhält es sich ähnlich. Zwar explodieren zurzeit die Anmeldungen für Großspeicher geradezu. Schätzungen von Brancheninsidern zufolge summieren sich die Kapazitäten der Anschlussbegehren auf über 300 Gigawatt. Zum Vergleich: Noch vor drei Jahren lag die installierte Leistung aller Großspeicher in Deutschland bei nur einem Gigawatt.
Aber die Speicher entstehen nicht immer da, wo sie gebraucht werden. Und sie geben ihren Strom ab oder nehmen ihn auf, wann immer es ihrem Betreiber passt. Dies gilt erst recht für die abertausend Kleinspeicher der privaten Betreiber von Solaranlagen auf dem Dach. Deshalb verstärken die Batterien häufig die Schwankungen im Netz.

Um so wichtiger ist die Installation von steuerbaren Großbatterien – wie die Batterie der Fraunhofer-Forscher, die in der Lage ist, auf Schwankungen im Netz zu flexibel zu reagieren. Die Batterie des Fraunhofer ICT hat immerhin eine Kapazität von 20 Megawattstunden und kann bis zu 2 Megawatt Leistung abgeben oder aufnehmen.
Vanadium-Redox-Flow-Batterien (VRFB), auch Flussbatterien genannt, bilden – trotz unbestreitbarer Vorteile – im Batteriepark Deutschlands allerdings eher die Ausnahme. Bezogen auf die gesamte Speicherkapazität von 20,7 Gigawattstunden machen sie weniger als ein Tausendstel aus. Sowohl bei den Antriebsbatterien für E-Autos wie bei den stationären Batterien dominieren mit großem Abstand Lithium-Ionen-Akkus.
Hauptvorteil der Flussbatterien ist ihre Skalierbarkeit. Flussbatterien können je nach Bedarf mit wenig Aufwand vergrößert oder verkleinert werden. Denn die Kapazität richtet sich vor allem nach der Größe der Tanks mit den Elektrolytflüssigkeiten. Und VRFBs sind langlebig. Sie verlieren auch bei langjähriger Nutzung kaum Kapazität. Die Anlagen sind darüber hinaus nicht entflammbar. Dafür enthalten die Elektrolytlösungen zu viel Wasser. Flussbatterien brauchen auch keine teuren Rohstoffe wie Lithium. Zusätzlich sind sie immun gegen Schäden durch Tiefentladung.
Sicher, aber groß und schwer
Für E-Autos eignen sich VRFBs allerdings nicht. Sie sind schlicht zu groß und zu schwer. Und anders als zum Beispiel bei Lithium-Inonen-Speichern handelt es sich nicht um kompakte Zellen. Flussbatterien arbeiten mit riesigen Fässern oder Tanks, die über 600 Kubikmeter groß sein können. Selbst kleinere Lösungen für Privathaushalte brauchen kühlschrankgroße Behältnisse. Pro Kilogramm Elektrolytlösung liefern sie nur zwischen 20 und 25 Watt. Ein Lithium-Ionen-Akku speichert bei gleichem Gewicht etwa das Siebenfache. Bei VRFBs handelt es sich tatsächlich um Anlagen. Sie brauchen Pumpen, um die Elektrolytflüssigkeit umzuwälzen.

Flussbatterien Tanks für Elektrolyte im Forschungszentrum des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie (Fraunhofer ITC)
Vereinfacht gesagt bestehen Flussbatterien aus zwei Behältern, die zwei getrennte flüssige Elektrolyte mit Metallionen enthalten. Letztere können während des Entlade- und Ladevorgangs Elektronen aufnehmen oder abgeben. Die Lösungen werden durch sogenannte Stacks gepumpt, in denen die Elektronen über Membranen von einem Kreislauf in den anderen wechseln. Die Elektolyt-Flüssigkeit in dem einen Kreislauf wird dabei chemisch REDuziert, in dem anderen OXidiert – daher REDOX. Durch diese REDOX-Reaktion wird elektrische in chemische Energie umgewandelt. Die Batterie lädt. Bei der umgekehrten Reaktion, strömen die Ionen wieder zurück. Und erzeugen Elektriziät. Entscheidend für die Ladekapazität ist die Größe der Tanks.
Auch aus Holz
Die Batterie des Fraunhofer ICT arbeitet ausschließlich mit Komponenten aus Deutschland. Die Unabhängigkeit von ethisch umstrittenen und seltenen Rohstoffen ist einer der großen Vorteile der Flussbatterien. Inzwischen gibt es sogar VRFBs, deren Elektorlyte auf organischen Materialien basieren. Vor allem der Holzbestandteil Lignin, das zweithäufigste organische Material auf Erden, scheint sich für den Einsatz als Elektrolytbasis zu bewähren.
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