Heizungswende: Rechnet sich die Wärmepumpe?

Horrorzahlen zu den Anschaffungskosten einer Wärmepumpe verunsichern Hauseigentümer und Mieter. Ein nüchterner Blick auf die Fakten.

Luft-Wärmepumpe im Garten eines älteren Einfamilienhauses - meist keine großen Umbauarbeiten notwendig
Luft-Wärmepumpe vor einem älteren Einfamilienhaus Die Heizungswende funktioniert auch im Bestand Bild: bwp

Weinende Rentner, die Angst davor haben, ihr mühselig abgespartes Einfamilienhäuschen nicht mehr beheizen zu können. Weil der böse Klimaminister Robert Habeck sie dazu zwingt, ihre noch gut funktionierende Gasheizung gegen eine 35 000 Euro teure Wärmepumpe auszutauschen. Und dann kommen noch Zehntausende Euro für die notwendige Dämmung obendrauf. So viel Geld haben Opa und Oma nicht auf der hohen Kante. Und die Bank gewährt ihnen in ihrem Alter keinen Kredit mehr.

Schreckensszenarien rund um die Wärmepumpe

So eines der Horrorszenarien, das kursiert, seit die Bundesregierung beschlossen hat, dass vom kommenden Jahr an “möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss”. Unions-Fraktionsvize Jens Spahn setzt noch einen drauf. Der CDU-Mann beklagt „eine Form der Enteignung, wenn Hausbesitzer jetzt fünf- bis sechsstellige Summen in eine Wärmepumpe und die dafür nötigen Umbauten investieren müssen“.

Wem wird da nicht angst und bange? Doch haben die Schreckensbilder in der Realität Bestand?

Wärmepumpen taugen zumeist auch für ältere Gebäude

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Energieberaterverband GIH meinen nicht. Sie stellten heute ein Faktenpapier vor. Dessen Kernaussagen: Wärmepumpen funktionieren zumeist auch im Gebäudebestand, selbst ohne Austausch der Heizkörper gegen eine Fußbodenheizung. Und sie zahlen sich nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich aus.

Die Experten belegen das mit Musterrechnungen für ein Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert sowie zwei Einfamilienhäuser, errichtet 1963 beziehungsweise 1983. Für letzteres, Wohnfläche 160 Quadratmeter, kamen sie inklusive Fenster- und Türentausch, Dämmung des Kellers und neuer Heizkörper auf eine Investition von rund 36 500 Euro. Für die Wärmepumpe schoss der Staat 14 000 Euro zu. Blieben 22 500 Euro, die der Eigentümer selbst finanzieren musste.

Wirtschaftlichkeit abhängig vom künftigen Gaspreis

Gemessen an den 5000 bis 8000 Euro für eine neue Gastherme sicher kein Pappenstiel, aber ein überschaubarer Betrag. Und für wenig Begüterte hat die Regierung finanzielle Hilfen zugesagt.

Der Eigentümer aus dem Beispielhaus hat zusätzlich eine Solaranlage aufs Dach gesetzt. Der selbst erzeugte Strom treibt bevorzugt die Wärmepumpe an. Die aktuellen Strom- und Gaskosten unterstellt, amortisiert sich die Investition der Beispielrechnung zufolge nach spätestens 16 Jahren. Steigt der Preis fürs Erdgas wie absehbar allein wegen des immer höheren CO2-Preises schneller, noch wesentlich früher.

Rechnet Habeck die Kosten schön?

Ähnliche Zahlen legt Grünen-Minister Habeck im Anhang seines Gesetzesentwurfs vor. Im Vergleich zu einer Gasheizung kostet der Einbau einer Luft-Wärmepumpe in ein Eigenheim demnach 19 115 Euro mehr. Dem stehen nach 18 Jahren Betriebsdauer Einsparungen von fast 22 000 Euro gegenüber. Unter Einbezug der staatlichen Zuschüsse in Höhe von 25 bis 40 Prozent sogar deutlich mehr.

Hat sich Habeck das mit passenden Annahmen vor allem über den künftigen Gaspreis schön gerechnet, wie Kritiker meinen?

Aktuell hat die Gasheizung die Nase vorn

Sie beziehen sich dabei etwa auf eine Analyse des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI). Dessen Expertin Johanna Bocklet kommt für Nordrhein-Westfalen zu dem Ergebnis, dass Gasgeräte über die Lebensdauer gerechnet heute noch günstiger abschneiden als Wärmepumpen.

Bocklet unterstellt dabei, dass der Gaspreis bis 2026 in etwa auf dem heutigen Niveau verharrt. Nach dieser Kalkulation kostet die Kilowattstunde (kWh) Heizenergie mit Gas 17,7 Eurocent; die einer bezuschussten Wärmepumpe 19,4 Eurocent. Erst 2027 dreht sich das Verhältnis um. Selbst der Bundesverband Wärmepumpe kommt zu einer ähnlichen Einschätzung der jährlichen Betriebskosten. Dort schneidet die elektrische Heizung allerdings schon 2025 günstiger ab (siehe Grafik unten).

Die Grafik zeigt die jährlichen Betriebskosten unterschiedlicher Heizungssysteme
Noch ist die Gasheizung bei den Betriebskosten im Vorteil, allerdings ohne Berücksichtigung der Klimaschäden Quelle: bwp

Hälfte aller Gebäude fit für die Wärmepumpe

Was in all diesen Berechnungen indes unberücksichtigt bleibt: Die Wirkung aufs Klima. Der Gebäudesektor verursacht in Deutschland laut Umweltbundesamt annähernd ein Drittel aller CO2-Emissionen. Ohne Wärmewende zu sauberen Technologien rücken die Klimaziele in weite Ferne.

“Der Umstieg macht uns unabhängig von Energieexporten”

Thomas Engelke, Verbraucherzentrale

Das sieht auch Thomas Engelke, Energie-Experte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen so. “Wir müssen die Heizung ersetzen, um etwas fürs Klima zu tun. Der Umstieg macht uns zudem unabhängig von Energieexporten. Das ist ein Dreiklang, der sich gegenseitig unterstützt.”

Die beruhigende Nachricht dazu findet sich im DUH-Papier. Demnach ist rund die Hälfte aller Gebäude hier zu Lande jetzt schon für den Einbau einer Wärmepumpe geeignet. Die andere Hälfte, heißt es weiter, brauche nicht zwingend vollsaniert werden, um wärmepumpenfit zu sein.

Mehr: energiewechsel DUH faz

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