Frankreich reißt Klimaziel – trotz Kernenergie

Präsident Emmanuell Macron etikettiert Atomkraft als grüne Energie und Frankreichs Weg zur Einhaltung der Klimaziele. Eine Studie entlarvt das als Unsinn.

“Trickser” Macron Die Mär vom preiswerten und klimagerechten Atomstrom Karikatur: gregroose auf Pixabay

Mit seinem ganzen politischen Gewicht rang Macron erst jüngst der EU-Kommission die Zusage ab, Atomenergie unter bestimmten Voraussetzungen als förderungswürdigen Beitrag zum ehrgeizigen Klimaziel der Staatengemeinschaft einzustufen. Berlins neue Ampelregierung protestierte nur lauwarm dagegen, weil Brüssel im Gegenzug Gaskraftwerke als Brücke ins nachfossile Energiezeitalter akzeptiert. Ein schmutziger Deal in den Augen vieler Klimabesorgter.

Politischer GAU für Macron

Um 55 Prozent will die EU im Rahmen ihres Programms “Fit for 55” bis 2030 den Ausstoß an Treibhausgasen gegenüber 1990 senken. So verkündete es Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen im vergangenen Sommer stolz.

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Für Frankreich, das 70 Prozent seines Stroms weitgehend emissionfrei in Atomkraftwerken (AKW) erzeugt, war die Einhaltung des Klimaziels anscheinend kein Problem. Ein fataler Irrtum, enthüllt eine Studie des Pariser Ablegers der Denkfabrik Centrum für Europäische Politik (CEP) jetzt. “Frankreich verfehlt die Klimaziele der EU deutlich”, schreiben die Autoren der Studie, die morgen offiziell vorgestellt wird. Und werten das als “politischen GAU” für Macron.

Frankreich stößt nur 40 statt 55 Prozent weniger Klimagase aus

Nach Berechnung der CEP-Experten reißt unser Nachbar die Latte deutlich. Er schafft auf Basis des jüngst verabschiedeten Klimagesetzes gerade einmal eine Reduktion um 40 statt der angestrebten 55 Prozent. Und das trotz des Segen Brüssels für den Bau weiterer AKW. “Das Gesetz ist veraltet, bevor es überhaupt zur Anwendung kommt”, verpassen die Wissenschaftler Macron ein schallende Ohrfeige.

Um das EU-Ziel noch zu erreichen, müsse Paris, das seit Jahresbeginn die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, “seine nationalen Klimaziele rasch korrigieren”, fordern die Wissenschaftler.

Kohlekraftwerke länger am Netz

So leicht wird Macron das nicht gelingen, selbst wenn sich seine Regierung ernsthaft bemüht. Gleich 15 der 56 vielfach in die Jahre gekommenen Kernreaktoren – in Frankreich Garanten fürs elektrisch beheizte warme Wohnzimmer – sind derzeit wegen Baumängeln und Problemen mit der Sicherheit abgeschaltet. Das zwang die Umweltministerin Barbara Pompili zwei Kohlekraftwerke per Ausnahmegenehmigung am Netz zu halten, die eigentlich ihren Dienst quittieren sollten.

Deutschland hilft aus

Zugleich muss das Land immer häufiger auf Stromimporte aus dem benachbarten Ausland zurück greifen, um die Energieversorgung zu sichern. Am Montagmorgen vor Weihnachten wurde mit 12 900 Megawatt importiertem Strom ein bisheriger Rekord verzeichnet. Ein Gutteil kam aus Deutschland.

Auch die Erzählung eingefleischter Kernkraftbefürworter, Atomstrom sei billig, entpuppt sich als Mär. Zuletzt stiegen die Stromtarife an Seine und Rhone derart, dass sich Wirtschaftsminister Bruno Le Maire veranlasst sah, einen staatlichen Strompreisdeckel von vier Prozent auszurufen. Bis nach Deutschland wirkt sich die Knappheit aus. Auch hier zu Lande treiben Frankreichs unzuverlässige AKW die Strompreise mit hoch.

Mehr: nzz

Von Dieter Dürand

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