Stillstand vor dem Klimagipfel

Wenige Wochen vor dem Klimagipfel in Glasgow ist fast kein Land auf dem 1,5-Grad-Pfad. Warum Gambia Deutschland abhängt.

Dauerstau im Berufsverkehr Am liebsten im Auto zur Arbeit Foto: GerhardG auf Pixabay

Ende Oktober treffen sich 154 Staats- und Regierungschefs in Schottland zum inzwischen 26. Mal, um zu beraten, wie der Klimakollaps noch zu vermeiden ist. Auf der vergangenen Konferenz 2015 in Paris einigten sie sich, den globalen Temperaturanstieg auf gerade noch erträgliche 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Jedes Land stellte dafür eigene Reduktionspläne für die Treibhausgase auf und verpflichtete sich, diese spätestens nach fünf Jahren nachzuschärfen.

Extremwetter und explodierende Klimakosten

Kurz vor dem Klimagipfel in Glasgow fällt die Bilanz nach Berechnungen des Analyseprojekts Climate Action Tracker (CAT) äußerst ernüchternd aus. Trotz der dramatischen globalen Zunahme von Extremwetterereignissen und explodierender Klimakosten befinden sich nur wenige Länder halbwegs auf dem 1,5-Grad-Pfad, darunter mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs keine einzige Industrienation.

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Allein das westafrikanische Gambia, eines der ärmsten Länder der Welt, erfüllt die Vorgabe. Ziemlich nahe kommen ihr mit Costa Rica, Äthopien, Marokko, Kenia, Nepal und Nigeria weitere Entwicklungs- und Schwellenländer. Dagegen reißen wohlhabende Nationen, die sich gerne als Vorreiter inszenieren wie die USA, Japan, Kanada und die gesamte EU inklusive Deutschland, die Messlatte und bleiben zum Teil weit hinter ihren Lippenbekenntnissen zurück (siehe Grafik unten).

Vorreiter und Sünder Die Welt bleibt weit hinter ihrem selbstgesteckten Klimaziel zurück Quelle: CAT

Um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, müsste die Welt den Ausstoß an Treibhausgases um 20 bis 23 Gigatonnen CO2-Äquivalente senken. Davon sind die aktuellen Klimapläne weit entfernt. Trotz der Rückkehr der USA unter Präsident Joe Biden in das Pariser Klimaschutzabkommen und einiger Symbolpolitik halten sich fast alle Länder derzeit mit weiteren Reduktionszusagen zurück.

Wohlfeile Bekundungen und Handeln klaffen weit auseinander

Die Tatenlosigkeit treibe den Planeten mit wachsendem Tempo dem Abgrund entgegen, warnte erst jüngst der Weltklimarat. „Das Schlimmste kommt erst noch und wird das Leben unserer Kinder und Enkel viel mehr betreffen als unseres.“ Die globale Jugend plagen deswegen massive Zukunftsängste. Dennoch klaffen wohlfeile Bekundungen und Handeln der Politik teils weit auseinander.

Deutschland kein Musterschüler

Auch in Deutschland, das laut CAT-Ranking weit entfernt davon ist, ein Klima-Musterschüler zu sein. Ein Beispiel ist die ausbleibende Verkehrswende. Offensichtlich ist es den politisch verantwortlichen auf allen Ebenen nicht gelungen, die Bundesbürger mit attraktiven Alternativen zum Umstieg vom Auto auf klimaverträgliche Verkehrsmittel wie Bus, Bahn und dem Fahrrad zu bewegen.

Die Folge: Für Millionen Berufspendler bleibt mit einem Anteil von 68 Prozent der eigene Pkw erste Wahl (siehe Grafik unten), auch wenn der Arbeitsplatz für rund die Hälfte unter ihnen weniger als zehn Kilometer vom Wohnort entfernt liegt. Am 1. Januar dieses Jahres waren 48, 2 Millionen Autos zugelassen – 14 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Der Effekt: mehr Flächenfraß, mehr Ressourcenverbrauch, mehr Abgase und Lärm. So geht Verkehrswende nicht.

Fahrt zum Arbeitsplatz Das Auto bleibt erste Wahl Quelle: Destatis

Mehr: CAT Destatis

Von Dieter Dürand

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