Klimaprofiteure: Reich und rücksichtslos

Die Milliardäre dieser Welt ruinieren mit ihrem Lebenstil die Natur. Zugleich sind sie Klimaprofiteure. Der Kampf gegen die Erderhitzung mehrt ihr Vermögen.

Privatjet, Yacht, Villa - das Leben der Superreichen als Klimaprofiteure
Luxusyacht in einer Marina Leben als Klimaprofiteure Bild: Josep Monter Martinez auf Pixabay

Kriege, Pandemien, Extremwetter, Missernten stürzen weltweit zusätzlich Millionen Menschen ins Elend. Es geht für sie nurmehr ums nackte Überleben. Die Welt im Krisenmodus. Eine kleine Schicht Superreicher lässt das kalt. Ihr Vermögen wuchs noch in jeder Krise. Ja Krisen sind quasi automatische Beschleuniger ihres unermesslichen Reichtums. Warum sollten sie sich da zum Beispiel am Kampf gegen die Erderhitzung beteiligen? Wenn sie doch als größte Zerstörer zugleich Klimaprofiteure sind.

Klimazerstörer und Klimaprofiteure

Polemik und Neid? Nicht wirklich, belegen die Fakten.

Das wohlhabendste Prozent der Menscheit heizt nach Daten des World Inequality Lab (WID) die Atmosphäre pro Kopf jährlich mit 110 Tonnen CO2 auf. Insgesamt geht annähernd ein Fünftel des Treibhauseffekts auf seine Kappe. Dagegen trägt die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung pro Kopf und Jahr nur 1,6 Tonnen zum Klimawandel bei – aufsummiert gerade einmal zwölf Prozent (siehe Grafik unten).

Grafik: Zu welchem Anteil globale Einkommensgruppen zur Erderwärmung beitragen
Das reichste zehn Prozent der Menschheit verursacht fast die Hälfte der weltweiten Treibhausgas-Emissionen Grafik: WID

Noch krasser zeigt sich das Missverhältnis im Zeitverlauf. Während der durchschnittliche Pro-Kopf-CO2-Ausstoß der meisten Menschen der globalen Mittelschicht in den vergangenen 30 Jahren konstant blieb, fällt die Bilanz bei den 0,01 Prozent der 771 000 Superreichsten verheerend aus: Jeder verdoppelte seinen Ausstoß fast – von 1300 auf knapp 2600 Tonnen. Motto: Nach mir die Sintflut.

Goldrausch für Superreiche

Tatsächlich zerstörten klimabedingte Überschwemmungen im vergangenen Jahr die Lebensgrundlage vieler Millionen Nigerianer, Pakistani und Philippinos. Zugleich öffnet sich die Schere zwischen extremer Armut und extremen Reichtum einem jüngsten Bericht der Organisation Oxfam zufolge weiter. Und zwar in einem nie dagewesenen Tempo.

Seit März 2020 wuchs das Vermögen der aktuell 2755 Milliardäre demnach von 8,6 auf 13,8 Billionen US-Dollar. Sie vermehrten ihren Reichtum damit stärker als in den 14 Jahren zuvor. Oxfam spricht von einem “Goldrausch” für Superreiche. Die zehn reichsten Männer konnten ihr Vermögen sogar glatt verdoppeln (siehe Grafik unten). Dagegen schaut die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung in die Röhre.

Grafik: Wie sich das Vermögen der zehn reichsten Männer auf Welt vermehrt hat
Wer hat, dem wird gegeben Grafik: Oxfam

Oxfam-Experte Manuel Schmitt hält die Entwicklung für skandalös. “Millionen Menschen wissen nicht, wie sie Lebensmittel und Energie bezahlen sollen. Den Milliardären hingegen bescheren die Krisen unserer Zeit gigantische Vermögenszuwächse.”

Börsengewinnler und Spekulanten

Das Auseinanderdriften ist weder neu noch Zufall. Es entspringt kapitalistischer Logik, vor allem unter dem Regime des Shareholder Values.

Überall stellen Regierungen Milliarden und Abermilliarden zur Bewältigung der vielfältigen Krisen bereit. Sie landen vorwiegend in den Kassen globaler Konzerne und vielversprechender Startups. Deren Umsätze und Gewinne sprudeln. Mit dem Geld beglücken sie ihre Aktionäre. Und es sind die Reichen, die einen Großteil ihres Vermögens an den Börsen anlegen, und so von Dividenden und Kursgewinnen weit überproportional profitieren.

Maßloser Lebenstil

Spekulanten an den Rohstoffbörsen stürzen die Welt zusätzlich ins Chaos. Mit vollen Absicht, ist der Harvard-Soziologe Rupert Russell überzeugt. Sie ziehen aus ihren windigen Geschäften riesige Gewinne, die wiederum vor allem den Begüterten zufließen. Denen fällt es leicht, die riskanten Wetten einzugehen.

Auch an den gigantischen Investitionen gegen den Klimawandel, den sie mit ihrem maßlosen Lebensstil maßgeblich befeuern, verdienen Multi-Millionäre via Börse und Unternehmensbeteiligungen kräftig mit. Und werden so zu Klimaprofiteuren.

“Während Milliardäre zu Spritztouren ins All aufbrechen, haben Millionen von Menschen Hunger”

UN-Generalsekretär AntÓnio Guterres

UN-Generalsekretär António Guterres bringen all diese Auswüchse auf die Palme. “Während Milliardäre zu Spritztouren ins All aufbrechen, haben Millionen von Menschen Hunger.” Gedacht haben dürfte er dabei unter anderem an den Kurztrip von Jeff Bezos in den Orbit. Der Amazon-Gründer besaß die Dreistigkeit, diesen auch noch als Beitrag zur Klimarettung zu verkaufen.

Superyachten, Supervillen, Superjets

Einen echten Beitrag dazu könnten die Begüterten leisten, würden sie ihre Ausgaben beispielsweise für Supervillen, Superyachten, Sportwagen und Privatjets einschränken. Doch Reichtum will zur Schau gestellt werden. Und warum verzichten, statt den Luxus zu genießen. Den habe ich mir verdient, so die Selbsteinschätzung.

Deutsche Einkommensmillionäre hoben zum Beispiel vergangenes Jahr mit 94 000 Starts von Business-Fliegern 8000 mal häufiger von hiesigen Flugplätzen ab als im Vorjahr. Ein neuer Rekord. Meist für Kurzstrecken von weniger als 500 Kilometer.

Gigantischer CO2-Fußabdruck

Wen, der für Hin- und Rückflug im Privatjet rund 8000 Euro hinlegen kann, schert schon die unnötige Belastung der Umwelt. Sein CO2-Budget von drei Tonnen, das jedem Erdenbürger pro Jahr zusteht, soll die Klimakatastrophe noch abgewendet werden, hat er mit einem einzigen Flug schon verbraucht.

Nicht ganz so krass schlägt ein Wochenendausflug im edlen Oldtimer ins Kontor. 0,3 Tonnen bläst zum Beispiel der Fahrer eines in die Jahre gekommenen schicken Maseratis in die Luft. Aber auch damit ist sein Budget schon zu einem Zehntel verbrannt.

Nichts gegen den Fußabdruck einer durchschnittlichen Superyacht. Er liegt bei jährlich 7200 Tonnen Kohlendioxid. Allein die 300 größten der insgesamt 6000 Luxusboote weltweit setzen laut einer Studie im Jahr mehr CO2 frei als die mehr als zehn Millionen Einwohner Burundis.

Zahlpflicht für Budget-Überschreiter

Alles ungerecht. Sicher keine Frage. Wie aber ein wenig Gerechtigkeit herstellen?

Der renommierte deutsche Klimawissenschaftler Hans Joachim Schellnhuber hält einen einfach umzusetzenden Vorschlag parat. Die jedem jährlich zustehenden drei Tonnen darf jeder kostenfrei verprassen. Für jede Verschmutzung, die darüber hinaus geht, muss er, wie heute schon die Industrie, zahlen. Das Geld für die zusätzlichen CO2-Emissionsrechte könnte den Habenichtsen dieser Welt zukommen, die ihr Budget bei weitem nicht ausschöpfen.

Adé 1,5-Grad-Ziel

Der grüne Klimaminister Robert Habeck zeigt wenig Sympathie für Schellnhubers Idee. Jedenfalls bisher nicht. Preise sollen das Wunder einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft bewirken. Zu spät, findet selbst einer der engagierten Superreichen, Microsoft-Gründer Bill Gates. “Wir werden das 1,5-Grad-Ziel reißen”, verriet er jetzt dem US-Fernsehsender CNBC.

Grafik: Entwicklung der Durchschnittstemperaturen auf der Erde
Die Fieberkurve unseres Planeten steigt unaufhörlich Grafik: WMO

Das sieht auch die Weltwetterorganisation (WMO) so. Sie stuft nicht nur die vergangenen acht Jahre als die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ein (siehe Grafik oben). Sie sagt auch Rekordhitze für das gerade angebrochene Jahr 2023 voraus. Mit 93-prozentiger Wahrscheinlichkeit.

Hitzesieder El Niño

Die ungehemmte Kohleverstromung ist ein Grund. Vor allem aber endet die Phase des kühlend wirkenden Wetterphänomens La Niña. Sein Pendant El Niño löst es nach ungewöhnlich langer Pause ab. Das Zirkulationssystem schaufelt warmes Tiefenwasser in den tropischen Westpazifik. Ein Teil dieser Wärme heizt dann die Atmosphäre auf.

Es könnte wieder ein gutes Jahr werden für die Reichen.

Mehr: WID Oxfam rnd monopol-magazin CNBC WMO Wiener Zeitung

Dieter Dürand

1 Kommentar

  1. MAXIMALISMUS

    Fein lebt sich’s am Existenzmaximum;
    damit das so bleibt, braucht es
    Wachstum, Wachstum…. Wachstum.
    Die Leute an der Reichtumsgrenze
    sollten umdenken, sonst ist bald Sense.
    Das Anthropozän zum Guten wenden
    aber, liegt in unser aller Händen.
    Statt in SUV-s durch Städte jagen,
    einfach öfters Klima-Fasten wagen.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

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