Klimarettung – vom neuen Deutschlandtempo weit entfernt

Anders als bei LNG-Terminals ist bei der Klimarettung vom viel beschworenen neuen Deutschlandtempo wenig zu sehen. Zu viele stehen auf der Bremse.

Ausgedörrter Stausee: Bremser in Regierung und Gesellschaft verhindern ein neues Deutschlandtempo beim Klimaschutz
Ziemlich leerer Stausee Statt neues Deutschlandtempo Schleichgang bei der Klimarettung Bild: Sarah Lötscher auf Pixabay

In einer Prozession zogen südfranzösiche Weinbauer Seit an Seit mit katholischen Geistlichen am Wochenende durch Perpignan. Inständig flehten sie den örtlichen Schutzpatron um Regen und ein Ende der Dürre an. Es ist ein Sinnbild einer Flucht in den Fatalismus, der auch hier zu Lande aufblüht. Statt tatkräftig und im beim Aufbau der Flüssiggas-Terminals angeschlagenen Deutschlandtempo die Klimarettung anzugehen, bremsen Ampelregierung und Bürger Hand in Hand dringend gebotene Veränderungen aus.

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Dabei mahnte doch schon der griechische Fabeldichter Äsop in der Antike: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

Schleichgang statt Deutschlandtempo bei der Klimarettung

Jüngstes Beispiel für das Festhalten am Status Quo sind die Querschüsse der Berliner Ampelregierung gegen das Vorhaben der EU-Kommission, von 2035 an keine neuen Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen. Mit der Maßnahme soll endlich auch der Verkehrssektor merklich zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen Europas beitragen. Allein die globalen SUV-Flotten sind inzwischen der sechstgrößte Luftverpester.

Doch Verkehrsminister Volker Wissing will die Option offen halten, Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, klimaneutral zu betanken. Obwohl diese längst als extrem energieintensive Scheinlösung entlarvt sind und sie überhaupt nur in sehr begrenzten Mengen verfügbar sein werden.

Zwei von drei Deutschen gegen Verbrenner-Aus

Immerhin weiß der FDP-Mann für seine Position ausnahmesweise eine große Mehrheit der Wähler hinter sich. Zwei von drei Deutschen wollen sich laut aktuellem ZDF-Politbarometer nicht vom Verbrenner lossagen – allen Klimaschwüren zum Trotz. Es ist das gleiche Muster wie beim Fliegen, bei nachhaltiger Mode und Kreuzfahrten. Wird’s ernst, kühlt die Begeisterung fürs Weltenretten schnell ab.

Mit einem Rückgang der Treibhausgas-Emissionen von gerade einmal knapp zwei Prozent im vergangenen Jahr hinkt die selbst ernannte Berliner Klimarettungs-Koalition weit hinter ihren selbst gesteckten Reduktionszielen hinterher. Um diese zu erreichen, müssten es sechs Prozent jährlich sein, betont der Präsident des Umweltbundesamts (UBA), Dirk Messner.

Begeht Wissing “vorsätzlichen Rechtsbruch”?

Beim Verkehr steigt die Verschmutzung sogar munter weiter (siehe Grafik unten). Für Wissing kein Anlass, endlich entschieden gegenzusteuern. Im Gegenteil: Seine Partei schlägt sogar vor, überhaupt keine Ziele mehr für diesen Sektor vorzugeben. “Vorsätzlicher Rechtsbruch” kommentiert die Deutschen Umwelthilfe (DUH) solches Begehren.

Die Grafik zeigt die Entwicklung und Zielerreichung der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland
Versündigen durch Nichtstun Im Verkehr steigen die Treibhausgas-Emissionen statt zu sinken

Bedenklicher Stillstand im Verkehrssektor

Herrscht beim Verkehr also bedrohlicher Stillstand, kommt die Energiewende – das Lieblingsprojekt des grünen Teils der Ampel – nur in Trippelschritten voran. Auch das zeigt die UBA-Bilanz. Bei der Windkraft auf See kam Null installierte Leistung hinzu – also nichts. An Land waren es mickrige zwei Gigawatt (GW). Lediglich die Photovolatik (PV) erzielte einen nennenswerten Zuwachs (siehe Grafik unten).

UBA-Chef Messner fordert mindestens ein vergleichbares Tempo, wie es Klimaminister Robert Habeck beim Aufbau der fossilen LNG-Infrastruktur vorgelegt hat. Mit ihrer Hilfe befreit er Deutschland aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Beim Ausbau der Wind- und Sonnenkraft müsse der gleiche Elan an den Tag gelegt werden, findet Messner klare Worte.

“Eine Hängepartie wie in den letzten Jahren darf es beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mehr geben”

Dirk Messner, Präsident Umweltbundesamt

“Das A & O ist ein wesentlich höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir müssen es schaffen, dreimal so viele Kapazitäten wie bisher zu installieren, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern. Eine Hängepartie wie in den letzten Jahren darf es dabei nicht mehr geben.”

Die Grafik zeigt den Ausbau der installierten Leistung von Wind- und Sonnenkraft in Deutschland seit 2010 im Vergleich zu den Zielen der Bundesregierung
Große Ziele, kaum Fortschritt Der Ausbau der Erneuerbaren bleibt weit hinter dem notwendigen Tempo zurück Grafik: UBA

Weltklimarat warnt vor erschreckender Zukunft….

Der heute vorgelegte sechste Bericht des Weltklimarats (IPCC) unterfüttert Messners Mahnung. Weil es bisher nicht gelungen ist, die Erderhitzung wirksam einzubremsen, drohen demnach noch häufigere und heftigere Dürren, Fluten und Stürme als heute schon. Die Extremwetter zerstören die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen und richten immer größere ökonomische Schäden an.

… uns sieht noch Chancen, das Unheil abzuwenden

Die bisherigen Maßnahmen reichten bei weitem nicht aus, um den Klimawandel aufzuhalten, warnt IPCC-Vorsitzender Hoesung Lee. Doch noch sei nicht alles verloren, schiebt der Südkoreaner hinterher. Und nennt als Voraussetzung: “Wenn wir sofort handeln, können wir noch eine lebenswerte Zukunft für alle sicherstellen.”

Mehr: Welt UBA IPCC

Dieter Dürand

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