Mehr klimaschädlicherer Kohlestrom – Energie-Expertin von Greenpeace schwenkt auf Ampel-Kurs

Die Bundesregierung stellt die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs über den Klimaschutz und erlaubt, dass anstelle von Gas- wieder mehr klimaschädlicherer Kohlestrom erzeugt wird. Selbst die Umweltorganisation Greenpeace schwenkt auf den Ampelkurs.

Kohlekraftwerk im Saarland: Greenpeace schwenkt auf Ampel-Kurs und nennt die Zuschaltung klimaschädlicheren Kohlestroms “bitter, aber unumgänglich” (Foto: Alexander Fox Planet Fox / pixabay)

Bis 2017 war es der größte Kohlemeiler Europas mit nur einem Block: das Kohlekraftwerk Heyden im Kreis Minden-Lübbecke in Nordrhein-Westfalen. Dann ging die 875-Megawatt-Anlage im Zuge des geplanten Kohleaustiegs im Juni vergangenen Jahres vom Netz, um als Reserve bei eventuellem Strommangel bereit zu stehen. Doch mit der Einsparung von klimaschädlichem CO2 durch die Abschaltung von Kohlekraftwerken ist jetzt Schluss. Um Russland mit der Beendigung der Gaskäufe für den Krieg gegen die Ukraine zu bestrafen und die Abhängigkeit von Moskau zu beenden, ist der Kohlestromriese im Herzen Deutschlands jetzt wieder im Betrieb – und mehr klimaschädlicherer Kohlestrom im Netz. Selbst die Umweltorganisation Greenpeace hat nichts gegen die Wiederinbetriebnahme von CO2-Schleudern wie in Heyden. “Es ist bitter, aber unumgänglich, dass bereits stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen”, so Greenpeace-Energieexpertin Karsten Smid. “Um sich aus der politisch verschuldeten Abhängigkeit von Putins Gaslieferungen zu befreien, müssen Steinkohlekraftwerke kurzzeitig in die Bresche springen.”

Wiederinbetriebnahme weiterer Klimakiller

Damit schwenken die Umweltaktivisten auf Ampelkurs und nicken die Wiederinbetriebnahme einer ganzen Reihe weiterer Klimakiller ab, die eigentlich nur noch als Reserve bereit stehen sollten. Noch vor dem Riesenmeiler in Heyden, der von dem staatlich geretteten finisch-deutschen Energiekonzern Uniper betrieben wird, hatte Anfang August das Steinkohlekraftwerk des tschechischen Unternehmens EPH im niedersächsischen Hohenhameln vom Reserve- auf den Normalbetrieb umgeschaltet. Spätestens im November will der Essener Energieversorger Steag, der mehreren Kommunen in Nord-Rhein-Westfalen gehört, seine Kohlemeiler in Quierschied und Bexbach im Saarland wieder voll anwerfen und CO2 wie zuvor in die Atmosphäre pusten.

ANZEIGE

Hoffen auf Sankt-Nimmerleinstag

Der Rückschritt bei der Energeiewende geht zurück auf den Beschluss der Bundesregierung Mitte Juli, mit Steinkohle oder Öl betriebenen Kraftwerken aus der Reserve wieder den Betrieb zu erlauben, um so Erdgas einzusparen. Die Verordnung gilt vorerst bis Ende April 2023. Wie realistisch die zeitliche Begrenzung angesichts der bereits aufkeimenden Warnungen vor dem großen Gasdefizit im übernächsten Winter ist, wird sich im kommenden Frühjahr zeigen. Greenpeace-Energieexperten Smid scheint jedenfalls zu glauben, die Ampel werde die von ihr veranlasste zusätzliche Schädigung des Klimas irgendwann einmal wieder gut machen. Damit daraus kein Rückschritt für den Klimaschutz werde, so die Umweltaktivistin, müssten die jetzt entstehenden zusätzlichen Emissionen in den folgenden Jahren ausgeglichen werden. Wann und auf welche Weise, ließ Smid offen.

Mehr: Tagesschau

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*