Kampf gegen Inzucht: Liebestourismus für Luchskatzen

Der deutsche Luchs leidet unter Inzucht. Die Bestände in den drei isolierten Verbreitungsgebieten sind zu klein. Jetzt sollen Luchskatzen im Thüringer Wald angesiedelt werden, damit es zu einem genetischen Austausch zwischen den Populationen kommt.

Hübsche Luchskatze Warten auf den Kater (Kurt Klement/pixelio.de)

Es ist fast immer das gleiche Bild: Dort, wo eine Luchspopulation erfolgreich angesiedelt, sich erhalten oder wieder eingewandert ist, tauchen zunehmend schwache und kranke Tiere auf. In den Schweizer Alpen leiden die Raubkatzen vermehrt unter Herzfehlern. Und in Kroatien geht Zahl der Luchse zurück, weil die Fortpflanzungsfähigkeit sich durch Inzucht verringert. Die Bestände sind einfach zu klein, um eine gesunde Population zu sichern.

Der Luchsexperte und Professor für Wildtiermanagement an der Universität Freiburg, Marco Heurich, hat in einer Computersimulation die Überlebenschancen der Luchsbestände in Deutschland analysiert. Das Resultat ist ernüchternd. Die Wahrscheinlichkeit für Luchse, aus ihren Lebensräumen hinaus zu wandern und in anderen Luchs-Habitaten auf Partner zu treffen, ist zu vernachlässigen. Jetzt untersuchen die Naturschutzinitiativen WWF und BUND sowie das Thüringer Umweltministerium, ob sich die Katzen im Thüringer Wald ansiedeln lassen. Der Höhenzug wäre als Luchsgebiet die naheliegende Verbindung zwischen Böhmerwald im Süden und Harz im Norden und könnte günstigenfalls sogar Drehscheibe bis zum Siedlungsgebiet im Pfälzerwald werden.

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Thüringer Wald als Brücke

Es gibt nur 137 Luchse in Deutschland. Wenn im Thüringer Wald 16 bis 20 Katzen ausgewildert würden, entstünde nach Heurichs Rechnersimulation ein Brücken-Lebensraum. In den kommenden zwanzig Jahren könnten sich die Luchse dann im Vogelsberg, dem Odenwald und im Erzgebirge ausbreiten. Es sei zwar, so Heurich, nicht vollkommen ausgeschlossen, dass der Luchs das auch ohne Hilfe schaffe. Man müsse dann aber immer wieder neue Tiere in das Vorkommen aus anderen, weit entfernt lebenden Populationen einschleusen. Wenn nicht, werde die genetische Mindestvielfalt unterschritten.

Allein die Machbarkeitsstudien für das Brückenprojekt kosten 191 000 Euro. Sollte das Vorhaben schließlich verwirklicht werden, kommen schnell mehrere Millionen Euro zusammen. So kostete die Auswilderung von zwanzig Luchsen im Pfälzerwald vor fünf Jahren rund 2,7 Millionen Euro.

Mehr: TAZ

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