Der Stadtnachbar Bayer in Leverkusen hat es vergangenes Jahr vorgemacht. Jetzt folgt der Kölner Spezialchemiekonzern Lanxess diesem Vorbild. Er integriert Nachhaltigkeitsziele in sein Vergütungssystem. Ein Finanzmarktexperte findet, das könne nur ein Anfang sein.
Nach dem Plan der Unternehmensspitze, den die Aktionäre auf der Hauptversammlung Mitte Mai absegnen sollen, bekommen die Vorstandsmitglieder mit Beginn dieses Jahres rund ein Drittel ihrer variablen Vergütung nur ausgezahlt, wenn der Konzern bestimmte Nachhaltigkeitziele erfüllt hat: Die kurzfristigen Boni hängen demnach künftig zu 20 Prozent von der Arbeitssicherheit ab; die langfristigen zu 40 Prozent von der Senkung der Treibhausgas-Emissionen.
Ziel: klimaneutral bis 2040
2018 pustete Lanxess 3,2 Millionen Tonnen CO2 in die Luft. Diese Menge will Vorstandschef Matthias Zachert bis 2030 halbieren. 2040 soll der Konzern klimaneutral sein. Er wolle weg von der “schmutzigen Chemie” , verkündet Zachert, und erfand dafür das neue Anreizsystem. Es setzt höhere Hürden als das der ehemaligen Konzernmutter Bayer. Der Pharmariese knüpft 20 Prozent der variablen Vorstandsbezüge ans Erreichen ökologischer Ziele.
Sünden gegen Mensch und Natur
Der Trend verstärkt sich, seit große wie kleine Investoren verstärkt davor zurückschrecken, ihr Geld in Unternehmen zu stecken, die gegen Mensch und Natur sündigen. So sagte Bayers Cheflobbyist Matthias Berninger dem Kölner Stadt-Anzeiger: “Anleger wollen in ihrem Portfolio immer häufiger umwelt- und klimarelevante Fragen widergespiegelt sehen.”
Neue Töne schlägt auch Lars Förberg an, Mitgründer des schwedischen Finanzinvestors Cevian, der sich bei Stahlkocher ThyssenKrupp mit 15 Prozent eingekauft hat. Er will nur noch Vorstände besonders belohnen, die “sichtbare Erfolge” bei der Einhaltung der ESG-Ziele erreichen, die die EU seit neuestem vorschreibt. Das Kürzel steht für Environmental Social Governance. Gemeint ist ein sozial und ökologisch verantwortungsvolle Unternehmensführung.
Volkswagen und RWE flögen aus dem Dax
Für Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, ist die Neugestaltung der Boni-Regelungen nur ein Anfang. Er fordert, generell alle Unternehmen des deutschen Aktieleitindex Dax danach zu bewerten, wie gut sie die ESG-Kriterien erfüllen. Und festzulegen, dass sie ein bestimmtes ESG-Risikopotential nicht überschreiten dürfen.
Brühl hat auch schon prominente Opfer dieses Checks identifiziert. Bayer, Volkswagen und RWE würden aus dem Dax fliegen; dafür Unternehmen wie Symrise, Zalando und Qiagen aufrücken. Ein turbulentes Stühlerücken.
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