Salzgitter drückt bei grünem Stahl aufs Tempo

Deutschlands zweitgrößter Stahlproduzent will schon Ende 2025 im großen Stil CO2-freien Stahl verkaufen. Zweiter Großabnehmer nach BMW ist Volkswagen.

Schmelzer beim Abstich am Stahl-Hochofen
Schmelzer beim Abstich am Hochofen Wasserstoff ersetzt Kokskohle bei der Produktion von Stahl Foto: Salzgitter AG

Umsatz um mehr als ein Drittel auf 9,7 Milliarden Euro gesprungen, nach zwei Verlustjahren fast 600 Millionen Euro Gewinn. Salzgitter-Vorstandschef Gunnar Groebler ist fest entschlossen, das “ausgezeichnete Ergebnis” zu nutzen, um seinen Konzern schleunigst auf den Tugendpfad einer (fast) klimaneutralen Produktion von Stahl zu bringen. Schon in drei Jahren wollen die Niedersachsen im großen Stil mit der Auslieferung von Blechen beginnen. Ein wichtiger Kunde wird dann der benachbarte Autobauer VW sein, der sie in seinem 2026 auf den Markt kommenden Elektroauto Trinity1 verbauen will.

Aus Metallabfällen wird Stahl für neue Windräder

Mit seinem Umbautempo stellt Groebler Deutschlands Stahlkocher Nummer eins, Thyssenkrupp, in den Schatten. Die Essener peilen für 2045 die Klimaneutralität ihres Produkts an – Groebler hat das für 2033 als Ziel ausgegeben. Und außer den Automobilisten VW und BMW kann er mit den Hausgeräteherstellern Miele und BSH schon weitere prominente Kunden in spe vorweisen.

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Der Salzgitter-Boss hat noch Größeres im Sinn: den Aufbau eines Recyclingsystems. Die Autobauer schicken Metallabfälle aus ihrer Fertigung zurück, so die Idee, und die Niedersachsen verwerten diese zu Stahlbauteilen für Windräder. “Stahl ist der beste Werkstoff für die Kreislaufwirtschaft”, findet Groebler.

95-prozentige Senkung der CO2-Emissionen

Technisch hat Salzgitter mit seinem Projekt Salcon die Grundlagen für eine 95-prozentige Senkung der CO2-Emissionen bei der Gewinnung von Roheisen geschaffen. Das Ausgangsmaterial Eisenerz wird statt in kohlebefeuerten Hochöfen per Direktreduktion unter Zugabe von Wasserstoff für die Weiterverarbeitung aufgeschlossen (siehe Video).

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Direktreduktion statt Hochofen Wie grüner Stahl entsteht Quelle: Salzgitter AG

So weit, so gut. Doch noch sind zwei Hürden aus dem Weg zu räumen, um das Versprechen der Klimaneutralität einzulösen.

  • Hindernis Nummer eins: Der Stahl ist nur dann grün, wenn der zur Reduktion verwendete Wasserstoff mit erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Es bestehen aber bei weitem noch nicht die für die riesigen Strommengen benötigten Kapazitäten an Wind- und Sonnenkraftwerken.
  • Hindernis Nummer zwei: Gegenwärtig laufen die CO2-armen Anlagen weitgehend im Testbetrieb. Der Schritt zur Produktion im großindustriellen Maßstab steht noch aus.

Grüne Elektronen vom Meereswindpark

Um in diesen Punkten rasch voran zu kommen, vereinbarte Salzgitter zuletzt gleich drei Kooperationen: Der italienische Maschinenbauer Tenova soll Anlagen zur Direktreduktion liefern. Der Düsseldorfer Energiemulti Uniper diese mit Wasserstoff versorgen. Der grünen Elektronen dafür soll der geplante Meereswindpark des Konzerns vor Wilhelmshaven erzeugen. Auch der dänische Energieriese Orsted ist als Lieferant von Windstrom vorgesehen.

Branche hofft auf Staatsknete

Die Ergrünung der Stahlindustrie spielt eine Schlüsselrolle bei der Klimarettung. Denn sie pustet etwa zehn Prozent aller globalen CO2-Emissionen in die Luft. EU-Kommission und Bundesregierung haben daher scharfe Reduktionsziele für die Branche ausgegeben.

Die notwendigen Milliardeninvestitionen könne sie aber nicht alleine stemmen – trotz des jüngsten Booms, behauptet Salzgitter-Chef Groebler. Und sieht die Politik, sprich den Steuerzahler, in der Pflicht. “Wir hoffen auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag.” Wer selbst kassiert, findet eben Staatsknete gar nicht so schlecht.

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Von Dieter Dürand

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