Günstiger Strom von den Wogen der See

Oft ist das Meer an bestens geeigneten Stellen zu tief, um Windkrafträder aufzustellen. Die Alternative sind schwimmende Anlagen. Das verbessert die Wirtschaftlichkeit und die Aussichten der Offshore-Windenergie massiv.

Zwei Rotoren auf einen Streich: Schwimmende Offshore-Windanlage Nezzy des nordeutschen Herstellers Aerodyn (Foto: EnBW/aerodyn/Jan Oelker)

Sie stehen nicht auf Stelzen im Wasser, sondern schwimmen an Bojen vertäut auf hoher See: neuartige Offshore-Windkraftanlagen, die sich vor der Küste drehen und ohne tiefgründenden Unterbau auskommen. Ihnen prophezeien Experten eine große Zukunft. „Die Lasten müssen nicht mehr alle in den Meeresgrund abgeleitet werden, sondern die Plattformen lassen sich durch Hydrodynamik, Ballast und Vertäuungssysteme stabilisieren“, sagt Po Wen Cheng, Professor für Windenergie an der Universität Stuttgart. „Das macht die schwimmenden Fundamente bei wachsender Anlagengröße und Wassertiefe gegenüber festen Fundamenten immer günstiger.“

Europas West- und Mittelmeerküsten bieten ideale Bedingungen

Noch spielen schwimmende Windturbinen auf See eine untergeordnete Rolle. Tests laufen seit etwa zehn Jahren, etwa bei dem baden-württembergischen Energiekonzern EnBW. Gegenwärtig gibt es weltweit rund 50 Projekte mit einer Leistung von insgesamt rund 85 MW, nicht einmal dem Zehntel eines größeren Kohlekraftwerks. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnten es dem Global Offshore Wind Report zufolge weltweit rund 6,2 Gigawatt sein, mehr als 70-mal so viel wie heute. An der Spitze dürfte dabei Europa stehen, schätzt Kimon Argyriadis vom norwegischen Beratungsunternehmen DNV GL: „Europas Westküste und das Mittelmeer sind tiefe Gewässer mit guten Windbedingungen, nahe an großen Verbrauchern.“

Wirtschaftlichkeit

Während die Windenergie auf bestem Weg ist, wirtschaftlicher als herkömmliche fossile Kraftwerke zu sein, arbeiten die schwimmenden Anlagen noch rund doppelt so teuer wie die Offshore-Windmühlen auf Stelzen. Doch das dürfte sich nach Meinung des Branchenverbandes WindEurope schnell ändern. Seiner Prognose nach werden die wogenden Anlagen bald die Stromgestehungskosten der fest stehenden Konkurrenten in Höhe rund 6,5 Cent pro Kilowattstunde bis 2030 unterbieten und dann für vier bis sechs Cent pro Kilowattstunde Strom produzieren. Wie solche Anlagen aussehen könnten, zeigt das Modell Nezzy des Herstellers Aerodyn im schleswig-holsteinischen Rendsburg. Die Konstruktion, die von EnBW getestet wird, besteht aus zwei Windrädern an einem V-förmigen Masten und bringt es auf eine Gesamtleistung von 15 Megawatt. Das sind 25 Prozent mehr als die gegenwärtig stärkste Offshore-Windmühle der Welt des dänischen Herstellers Vestas mit zwölf Megawatt.

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