Rechnungsprüfer brandmarken die Wasserstoffstrategie der EU-Kommission in entscheidenden Punkten als Geschwurbel

Vier Jahre nach ihrer Erstellung verreißen EU- Rechnungsprüfer die Wasserstoffstrategie der EU-Kommission unter deren Präsidentin Ursula von der Leyen (CDU).

Mit Wasserstoff betriebener Zug des französischen Herstellers Alstom: Rechnungsprüfer verreißen Wasserstoffstrategie der EU-Kommission (Foto: trainspotterflo / pixabay)
Mit Wasserstoff betriebener Zug des französischen Herstellers Alstom: Rechnungsprüfer verreißen Wasserstoffstrategie der EU-Kommission (Foto: trainspotterflo / pixabay)

Gut vier Jahre ist es her, dass Frans Timmermans, der niederländische Sozialdemokrat und Vize unter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), im Juli 2020 mit gewaltigen Zahlen aufwartete. Zwischen 13 und 15 Milliarden Euro sollten bis 2030 in ganz Europa investiert werden, um klimafreundlichen Wasserstoff herzustellen, so der Plan. Hinzukommen sollten 50 bis 150 Milliarden Euro in Wind- und Solaranlagen, um das wertvolle Gas etwa für die chemische Industrie mit Hilfe regenerativen Energien gewinnen zu können. Aufgebracht werden sollten die Riesensummen vom Steuerzahler und den Unternehmen.

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Doch wie viel Wasserstoff soll auf diese Weise nach Meinung der EU-Kommission eigentlich produziert werden? Wie soll das geschehen? Und wie viel Wasserstoff braucht es überhaupt? Das hat der EU-Rechnungshof jetzt überprüft – und ist zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen. Tenor: Die EU-Kommission schwurbelte in ihrer Wasserstoffstrategie im Rausch der Milliarden offenbar etwas zusammen, das unschlüssig ist und weder Hand noch Fuß hat.

Wundersame Produktionssteigerung

Beispiel 1: Die EU-Kommission wollte 2020, dass in der EU bis 2030 Elektrolyseure, die mit Hilfe von Strom Wasser in Sauerstoff und den benötigten Wasserstoff aufspalten, mit einer Leistung von 40 Gigawatt gebaut werden. Das ist nebenbei gesagt eine riesige Menge, denn diese Leistung entspricht grob der Power von rund 40 herkömmlichen Stromkraftwerken. Diese Elektrolyseure sollen dann 4,4 Megatonnen Wasserstoff pro Jahr erzeugen. Zwei Jahre später, kurz nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs, preschte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen jedoch mit einem sogenannten REPowerEU-Plan vor, der die Abhängigkeit der EU von russischem Gas reduzieren sollte. Ihm zufolge sollten die gleichen Elektrolyseure auf einmal 6,6 Megatonnen Wasserstoff produzieren, also 50 Prozent mehr, als die EU-Kommission ihnen noch zwei Jahre zuvor zutraute. Für die wundersame Produktionssteigerung der Anlagen fanden die Rechnungsprüfer keine Erklärung.

Aus 4,4 Megatonnen wurden auf einmal zehn Megatonnen

Beispiel 2: Staunten die Rechnungsprüfer schon über die unerklärliche Leistungssteigerung der Elektrolyseure von 4,4 auf 6,6 Megatonnen Wasserstoff pro Jahr, rieben sie sich vermutlich erst recht die Augen, als sie lasen, welches Produktionsziel sich die EU-Kommission an anderer Stelle ihrer Wasserstoffstrategie auf Basis der Elektrolyseure gab: nämlich zehn Megatonnen Wasserstoff pro Jahr. Wie aus 4,4 Megatonnen eineinhalbmal so viel oder aus 6,6 Metatonnen 50 Prozent mehr werden sollten beziehungsweise, was nun eigentlich gilt, ist laut der EU-Rechnungsprüfer in den Plänen der EU-Kommission nirgendwo vermerkt.

Voraussichtlich gar nicht genügend Abnehmer

Basis für all die widersprüchlichen Zahlen sind offenbar ähnlich diffuse Annahmen über den Bedarf von Wasserstoff in der EU im Jahr 2030 und dessen Verwendung, etwa für die Industrie oder für den umstrittenen Einsatz in Pkw. So bewegen sich die EU-Kommissionschätzungen zwischen 3,8 und 10,5 Megatonnen im Jahr. Offenbar in ihrem Eifer, ihrer Absatzbewegung von Russland Ausdruck zu verleihen, ließ EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihren REPowerEU-Plan sogar einen Bedarf von zehn Megatonnen hineinschreiben, von dem jeweils die Hälfte mit Hilfe von Elektrolyseuren in Europa und im Ausland gedeckt werden solle. Laut den EU-Rechnungsprüfer liegen die meisten Bedarfsschätzungen aber deutlich unter diesen zehn Metatonnen. Im Klartext: Für den Wasserstoff aus den von der EU-Kommission geplanten Elektrolyseuren gäbe es voraussichtlich gar nicht genügend Abnehmer.

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