Schiffe fischen Plastik-Müll aus den Ozeanen

Seit kurzem entfernt die “Mobula 8” Plastik aus Küstengewässern vor der Urlauberinsel Bali. Ein emissionsfreier Katamaran für die Hochsee soll folgen.

Müll-Sammelboot "Mobula 8" im Einsatz vor der Insel Bali: Das wendige Schiff holt täglich bis zu 2,45 Tonnen Plastik aus dem Meer
Müll-Sammelboot “Mobula 8” im Einsatz vor Balis Küste Holt täglich bis zu 2,45 Tonnen Plastik an Bord
Bild: The SeaCleaners

Die Entwicklung zur Praxisreife dauerte zwar länger als gedacht. Doch nun ist es soweit. Seit wenigen Tagen sticht die einheimische Kapitänin Linda frühmorgens vor Bali mit der wendigen, neun Meter kurzen “Mobula 8” in See. Bis zum Abend durchpflügt sie Flussmündungen, Mangroven und Küstengewässer. Sammelt dabei bis zu 2,45 Tonnen Plastik aller Art ein. Zur Beseitigung oder Weiterverarbeitung an Land. Rund 15 000 Quadratmeter Wasseroberfläche kann das leichte Aluminium-Boot in der Stunde reinigen – auch von Ölrückständen.

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Täglicher Kampf gegen den Plastik-Müll

Gemessen an den 90 Tonnen Plastik-Müll, die auf der bei Deutschen beliebten indonesischen Urlauberinsel täglich über die Flüsse ins Meer treiben, ist die entsorgte Menge zwar ein Klacks. Aber immerhin: Ein Anfang ist gemacht. “Das Projekt ist ein Vorbild für das, was mit technologischer Innovationskraft und sozialem Engagement möglich ist“, lobt Dieter Janecek, Koordinatior der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und Tourismus.

Jährlich vermüllen 12,2 Millonen Tonnen Plastik die Meere

Die “Mobula 8” ist das erste Boot, das die Nichtregierungsorganisation (NGO) “The SeaCleaners” in den Kampf gegen die Vermüllung der Ozeane schickt. Jährlich sammeln sich dort zwischen 8,2 und 12,2 Millionen Tonnen Kunststoffteile neu an. Das entspricht in etwa drei Prozent der weltweiten Gesamtproduktion an Plastik. Es drohen irreparable Schäden.

SeaCleaner-Gründer Yvan Bourgnon: Der Verschmutzung der Meere mit Plastik etwas entgegen setzen
SeaCleaner-Gründer Bourgnon “Mikroplastik ist ein globales Problem Bild: The SeaCleaner

Der französisch-schweizerische Skipper und Abenteurer Yvan Bourgnon, der schon im zarten Alter von acht Jahren mit seinen Eltern die Welt umsegelte, wollte dem Umweltfrevel nicht tatenlos zusehen. Sechs Jahre nach Gründung von SeaCleaner ist die Inbetriebnahme der “Mobula 8” für ihn nur der erste Schritt. Längst hat der Präsident der NGO noch weit Größeres vor.

Katamaran mit emissionsfreiem Antrieb

Bourgnon will einen hochseetüchtigen Katamaran bauen – 56,5 Meter lang, 26 Meter breit -, der jährlich bis zu 10 000 Tonnen Plastik aus den Fluten fischen soll. Die Computer-Entwürfe sind fix und fertig (siehe Grafik unten). Ein Dutzend Werften bewerben sich derzeit um den Bau des Zweirumpf-Schiffs, das mit seinem revolutionären Antriebskonzept neue Maßstäbe im Bootsbau setzen könnte.

Grafische Darstellung des hochseetauglichen Plastik-Sammel-Katamarans "Manta" - emissionsfreier Antrieb
Computer-Entwurf der “Manta” Revolutionäres emissionsfreies Antriebskonzept Grafik: Synthes3D for The SeaCleaners

Der “Manta” soll seine Mission nämlich völlig emissionsfrei erfüllen. Hauptantrieb sind zwei je 1500 Quadratmeter große Segel. Bei Flaute springt ein Elektromotor ein, so das Konzept. Zwei Windturbinen, zwei Wasserkraftgeneratoren und fast 500 Quadratmeter Solarpaneele produzieren den notwendigen Strom. Hinzu kommt: Auch ein Teil des eingesammelten Abfalls wird an Bord in Elektrizität umgewandelt.

“Die Idee des Manta ist ebenso visionär wie spektakulär”

Frank Schweikert, Vorstand Deutsche Meeresstiftung

Valérie Amant, Sprecherin von SeaCleaners, sieht eine große Chance in der neuartigen Technologie. Mit dem Manta gehen wir nicht nur neue Wege in der Bekämpfung von Meeresmüll, sondern zeigen auch nachhaltige Konzepte für den Schiffsbau und die Seefahrt der Zukunft auf.” Frank Schweikert, Vorstand der Deutschen Meeresstiftung, teilt die Einschätzung. “Die Idee des Manta ist ebenso visionär wie spektakulär.”

Riesen-Reusen fürs Einfangen von Plastik wenig nachhaltig

Wesentlich weniger Anerkennung spendet Schweikert dem Ansatz des niederländischen Plastikmüll-Fängers Boyan Slat und seinem Projekt “The Ocean Cleanup”. Er versucht, mit einer Art mehrere Hundert Meter langer Reusen das Wasser vom Kunststoffdreck zu befreien.

Hauptkritik der Meeresstiftung: Mikroplastik würde durch die Fangarme der Netze hindurch flutschen. Die Filter zerstörten massenhaft maritime Kleinstlebewesen. Und die notwendigen Versorgungs- und Abtransportschiffe setzten riesige Mengen des Klimagases CO2 frei. Alles in allem sei die Reinigungsmethode wenig nachhaltig und könne mehr Schaden als Nutzen anrichten, urteilen die Experten.

Zusätzliches Einkommen von der “Plastikbank”

Die beste Lösung wäre natürlich, dass Plastik gar nicht erst ins Meer gelangt. Darin sind sich alle einig. Auf Pulau Pisang, der kleinsten der bewohnten indonesischen Banda-Inseln, versuchen Meeresschützer mit einem “Plastiksparbuch” die Einheimischen zu engagierten Umweltschützern zu machen. Die Idee: Sie sammeln an Stränden und im Landesinneren Plastikabfälle und liefern sie bei einer “Plastikbank” ab. Die schreibt ihnen für den recyclingfähigen Teil ein Guthaben an.

Der doppelte Effekt: Es landet weniger Müll in der Natur und die Bewohner erzielen mit ihrem Engagement ein kleines zusätzliches Einkommen.

Mehr: theseacleaners stiftung meeresschutz

Dieter Dürand

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