In Finnland ist der Strom deutlich günstiger als in Deutschland. Warum? Die Finnen verbrauchen ihn, wenn viel Wind weht und die Sonne scheint. Oder nachts, wenn die Nachfrage sinkt.

Bis vor kurzem war es so: Wenn die Sonne schien, der Wind kräftig wehte oder auch nachts warfen die Finnen ihre Spülmaschine an oder die Waschmaschine. Sie bügelten oder luden ihre E-Autos. Denn dann war viel und billiger Strom im Netz. Über die zu erwartenden Strompreise werden die Verbraucher seit Jahren am Vortag informiert, so dass sie ihren Tag als Stromverbraucher vorplanen können. In Finnland verfügen alle Haushalte über intelligente Stromzähler, die Verbrauch entsprechend der wechselnden Preise abrechnen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es ganze zwei bis drei Prozent. Erst bis 2032 sollen alle Altgeräte ersetzt werden.
Die Finnen hingegen sind inzwischen dabei, Smartmeter der zweiten Generation zu installieren. Die neuen Geräte können nicht nur die dauernd wechselnden Preise abrechnen. Sie schalten, wenn der Strompeis fällt, Vielverbraucher wie Ladegeräte für E-Autos oder Wäschetrockner automatisch ein. Die Stromkunden müssen weder auf der Lauer liegen, um die Preistäler abzupassen, noch aufwendig ihr Verbrauchsverhalten vorplanen. Die Algorithmen der neuen Smartmeter übernehmen das.
Netze in Finnland stabiler
Dabei gewinnen beide Seiten: Verbraucher und Versorger. Die Verbraucher sparen dank des angepassten Konsums bis zu einem Drittel der Stromkosten. Zwar ist Strom in Finnland mit einem Durchschnittpreis von 20,75 Cent pro Kilowattstunde ohnehin günstiger als in Deutschland. Doch vor allem für E-Autofahrer und Wärmepumpenbetreiber lohnen sich auch in dem skandinavischen Land die flexiblen Tarife. Einsparungen bis zu mehreren hundert Euro pro Jahr sind möglich.
Für die Versorger geht es sogar um Millionenbeträge. Da die Einspeisung in die Netze durch Stromquellen wie Windkraft und Sonnenenergie zunehmend schwankt, müssen die Stromkonzerne Pufferkraftwerke – meist auf Gasbasis – bereithalten. Diese springen bei Windflauten und trübem Wetter ein – oft nur für wenige Stunden im Jahr. Die Millionenkosten für die ungenutzte Bereithaltung der Kraftwerke treiben die Kosten für den Strom entsprechend hoch. Die Hamburger Unternehmensberatung Aurora errechnete, dass Strom aus diesen Kapazitäten zehn Euro pro Kilowattstunde kostet.
Umgekehrt verhält es sich an hellen und windreichen Tagen. Dann ist so viel Strom im Netz, dass die Versorger Wind- und Solarparks abgeregeln müssen, um das Netz zu stabilisieren. Die Preise purzeln dann auf unter Null. Anders gesprochen: Stromverbraucher bekommen Geld für die Abnahme des Stroms.
In Finnland dürften künftig solche Situationen höchst selten vorkommen. Das intelligente Netz glättet den Verbrauch und passt sich an die wechselnde Stromproduktion an. Denn wenn der Preis fällt, weil viel Strom im Netz ist oder die Menschen schlafen, werfen die intelligenten Zähler automatisch die Ladegeräte für E-Autos oder die Wärmepumpen an. Der Verbrauch steigt. Extreme Preistäler oder gar Negativpreise bleiben so den Versorgern erspart.
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