Weihrauch könnte künftig knapp werden. Der Boswellia-Baum, der in Ostafrika, Indien und auf der arabischen Halbinsel wächst, leidet unter Übernutzung. Viele Länder sind nicht in der Lage, die Ernten zu kontrollieren. Nachhaltige Lieferketten sind erst im Aufbau.
Weihrauch, Myrrhe und Gold waren gemäß der biblischen Überlieferung die Gaben, die die Weisen aus dem Morgenlande Jesus darboten. Seit Jahrhunderten durchzieht der Weihrauchgeruch während der Messfeiern und anderen Zeremonien die Kirchen und Tempel in aller Welt. In vielen Ländern Europas gehen in den Tagen um das Dreikönigsfest Sternsinger von Haus zu Haus und schwenken Weihrauchfässer. Doch in nicht allzu ferner Zeit könnten die Weihrauchfässer leer bleiben, weil der Nachschub rar wird. Denn die Bestände des Weihrauchbaums, zur Jahrtausendwende von der Naturschutz-Organisation IUCN als nur gering gefährdet eingeschätzt, sind inzwischen durch Übernutzung ernsthaft bedroht.
Die Gründe sind vielfältig. In den Abnehmerländer des Westens ist das Weihraucharoma in Mode gekommen. War früher die Verwendung fast ausschließlich auf religiöse Anlässe beschränkt, wird das Aroma heute zunehmend als Zutat von Seifen, Parfüms oder Räucherstäbchen verwendet. Die wachsende Nachfrage führt dazu, dass die Weihrauch-Sammler in den Herkunftsländern die Bäume zu stark nutzen.
Beeyo heißt das Harz der Weihrauch- oder Boswellia-Bäume. Um die Bäume anzapfen zu können, ritzen die oft nomadischen Sammler die Bäume mit der Axt an. Üblich waren in der traditionellen Bewirtschaftung der wildwachsenden Bäume bis zu zwölf Schnitte. Alle zwei Jahre gaben die Sammler dem Baum eine einjährige Ruhepause. Das Zusammentreffen von Krieg, Verarmung und politischem Chaos in Ländern wie dem Jemen, Abessinien oder Somalia mit dem Nachfragedruck aus Europa und Nordamerika führt heute dazu, dass viele Bäume aus bis zu hundert Schnitten „bluten“ – ohne Erholungsphase. Dabei sind die Sammler die großen Verlierer im Weihrauchgeschäft. Für ein Kilogramm Weihrauchharz erhalten sie umgerechnet zwischen drei und sechs Dollar. Destilliert in kleinen Flakons beträgt der Kilopreis für den Verbraucher bis zu 430 Dollar.
Hinzu kommt, vor allem in Äthiopien, der Kultivierungsdruck der Landwirtschaft. Wo früher halbwilde Weihrauchbäume standen, werden zunehmend Äcker und Weiden angelegt. „Die Zukunft vieler Gehölze sieht düster aus“, resümiert der führende Forscher zu diesem Thema, Frans Bongers von der niederländischen Universität Wageningen. In zwanzig Jahren werde sich die Produktion von Weihrauch wahrscheinlich halbieren. Nur die Schaffung von Lieferketten, die auf Nachhaltigkeit basieren, könnten die Bestände noch retten. Ein erster Schritt ist getan. Vor zwei Jahren haben verantwortungsbewusste Anbieter die Global Frankincense Alliance gegründet.
Mehr: Berliner Zeitung
Hinterlasse jetzt einen Kommentar