Windgipfel: Personalnot gefährdet Energiewende

Windgipfel, Solargipfel, Wärmepumpen-Offensive – überall verkündet der grüne Klimaminister Robert Habeck ambitionierte Ausbauziele. Wie die Personalnot behoben werden kann, verrät er nicht.

Windrad-Montage auf freiem Feld: Personalnot behindert zügigen Zubau
Montage von Windrädern Personalnot verzögert die Energiewende massiv
Bild:Erich Westendarp auf Pixabay

Verdreifachung der Solarkapazität bis 2030, jährlich 500 000 neue Wärmepumpen – und auf dem heutigen Windgipfel wird Bundesklimaminister Robert Habeck unverdrossen von fünf neu aufgestellten Windrädern täglich sprechen. Alles Ziele im Dienste “einer klimaneutralen Erneuerung unseres Wohlstands” so der Grüne. Deren erster Strang die Energiewende sei, also Strom und Wärme aus erneuerbaren Quellen statt aus Kohle, Öl und Gas. Dumm nur: Nach momentanem Stand ist absehbar, dass die schönen Pläne aus purer Personalnot wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen werden.

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Personalnot bremst Energiewende und Ausbauziele aus

Der Mangel an Fachpersonal ist allgegenwärtig: Im Heizungsbau fehlen mindestens 60 000 Installateure. Verschärfend kommt hinzu, dass nach Auskunft des zuständigen Verbands sich überhaupt nur ein Drittel der Betriebe mit Wärmepumpen auskennt. Für den angestrebten Ausbau der Solar- und Windenergie würden bundesweit mindestens 216 000 zusätzliche Fachkräfte benötigt, hat das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) berechnet.

Nur: Woher nehmen? Nicht einmal stehlen geht, wie ein bekanntes Sprichwort nahe legt.

Zu wenig Auszubildende, zu viele Bald-Ruheständler

Erschwerend kommt der hohe Altersstand im Fachhandwerk hinzu. In den nächsten zehn Jahren werden Zehntausende Monteure, Bauelektriker und Klempner in den Ruhestand entschwinden. Nachwuchs ist nicht in Sicht. Auch weil zum Beispiel in der Windindustrie nicht einmal fünf Prozent der Betriebe ausbilden. Das zeigt eine Studie über die Lage der Branche im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Paradox genug: Obwohl die Windbranche seit dem Jahr 2017 wegen einer katastrophalen Auftragslage mehr als 40 000 Beschäftigte entlassen musste, hat sie jetzt Probleme, qualifizierte Arbeitskräfte zu rekrutieren. Kaum einer der Gefeuerten kommt zurück. Sie haben längst besser bezahlte Jobs etwa in der Autoindustrie gefunden, erläutert die Böckler-Studie.

“Wenn wir die Hälfte des Ausbauziels erreichen, wäre das schon sehr viel”

Thorsten Ludwig, Forschungsleiter AgS

Unter diesen Voraussetzungen seien die angestrebten Ausbauziele von 115 Gigawatt (GW) an Land und 30 GW auf dem Meer völlig unrealistisch, urteilt Thorsten Ludwig, Forschungsleiter bei der Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (AgS) und Mitautor der Studie. “Wenn wir die Hälfte erreichen, wäre das schon sehr viel.”

Schneckentempo beim Ausbau der Windkraft

Zum schwindenden Vertrauen in eine Stelle in der Windindustrie trägt zudem bei, dass bisher wenig vom Aufschwung der Windkraft zu spüren ist. Im Gegenteil: Der Nettozubau lag Offshore vergangenes Jahr bei Null; an Land kamen mickrige zwei GW dazu (siehe Grafik unten). Der neuen Deutschlandgeschwindigkeit, die Habeck beim Bau von fossilen LNG-Terminals vorlegte, steht beim Wind ein Schneckentempo gegenüber.

Die Grafik zweigt, wieviel installierte Leistung von Wind- und Sonnenenergie seit 2010 in Deutschland hinzu kam
Der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie kommt nur im Kriechgang voran Quelle: UBA

Warten auf Aufträge

Die Windbranche, unterstützt von der Chemischen Industrie, fordert: Vom heutigen Gipfel müsse ein “Aufbruchsignal” ausgehen, Blockaden aus dem Weg geräumt werden. Am Allerwichtigsten ist Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie (BWE). “Die Ziele müssen nun zu konkreten Aufträgen werden.”

Habeck verspricht zumindest bessere Finanzierungsbedingungen und den beschleunigten Ausweis von zusätzlichen Flächen für Windturbinen. Überdiesbietet er den Kommunen Unterstützung bei Planung und Realisierung neuer Projekte an. Doch der Durchschnitt liegt immer noch bei zwei Jahre. “Viel zu lange”, kritisiert Axthelm.

Verbessern sich die Rahmenbedingungen nicht schleunigst, gäbe es nur einen Gewinner, fürchtet Markus Krebber, Chef des Essener Energiekonzerns RWE: China. Dortige Großanbieter wie Goldwind und MingYang würden nur zu gerne einspringen.

Mehr: BMWK AgS wdr

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