Milton und Konsorten lassen keine Zweifel an den Gefahren des Klimawandels. Doch für Trump und seine Anhänger bieten sie eine willkommene Gelegenheit für weitere Lügen.
Gleichzeitig drei schwere Hurrikane über dem Atlantik im Oktober – das ist eine neue Qualitiät. Mit bis zu 285 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit tobte Milton, der jüngste nach Leslie und Kirk, über den Atlantik. Bis er die Küste von Florida erreichte, hatte sich seine Geschwindigkeit zum Glück auf 205 Stundenkilometer vermindert. Die Schäden sind dennoch gewaltig. Bislang wissen die Behörden von 16 Todesopfern. Wahrscheinlich wird es bei dieser Zahl nicht bleiben. Die materiellen Schäden werden von Versicherungsanalysten auf bis zu 100 Milliarden Dollar geschätzt.
Nur zwei Wochen zuvor hatte der Wirbelsturm Helene in Nord- und Süd-Corolina, in Georgia und Florida gewütet. 230 Menschen kamen dabei zu Tode. Es war – abgesehen von Katrina im Jahre 2005 der folgenschwerste Sturm seit den Siebzigerjahren. Schlimmer noch: Die Sonnenscheinstaaten an der Atlantikküste müssen damit rechnen, dass Katastrophen dieser Größenordnung sich häufen. Laut einer Hochrechnung des Expertennetzwerks World Weather Attribution kommt es künftig alle 53 Jahre zu einem Wirbelsturm wie Helene. Vor dem Klimawandel war nur alle 130 Jahre damit zu rechnen.
Ursache ist Erwärmung des Erwärmung des Atlantiks. Damit es zu Wetterkatastrophen à la Helene, Kirk oder Milton kommt, müssen die Wassertemperaturen im Meer auf über 26 Grad steigen – nicht nur an der Oberfläche, sondern bis mindestens 50 Meter Tiefe. Vor dem Klimawandel sanken die Temperaturen in aller Regel ab September unter 26 Grad. Doch seit 2020 reiht sich im Atlantik Hitzerekord an Hitzerekord. In manchen Gebieten lagen in diesem Jahr die Temperaturen fünf Grad über dem langjährigen Mittel.
Biden investiert ins Klima
Im Grunde müsste die Demokratische Partei im laufenden Wahlkampf von solchen Wetterkatastrophen profitieren. Denn unter dem demokratischen US-Präsidenten Joe Biden wurden Programme wie das Bipartisan Infrastructure Law oder der Inflation Reduction Act (IRA) erlassen. Diese Gesetzespakete führten zu den größten Ausgaben zugunsten von Klima und Umwelt in der Geschichte des Landes. Allein das Paket IRA umfasst über 400 Milliarden Dollar an Fördermitteln für Batteriefabriken, Ladesäulen, Wind- und Solarparks.
Ganz nebenbei befeuerten die Programme die Konjunktur. Trump verabschiedete sich 2021 mit einem Rückgang des Wachstums von 2,8 Prozent. Für dieses Jahr hingegen erwarten Analysten ein positives Wachstum von 2,7 Prozent. Die Arbeitslosigkeit fiel in dem Zeitraum von über sechs Prozent auf rund vier Prozent. Biden dazu: „Wenn ich Klima höre, denke ich an Arbeitsplätze.“
Trump, Freund der Driller und Miner
Der Spitzenkandidat der Republikanischen Partei hingegen, Donald Trump, hat sich seit jeher klar zur Sache der Fossilindustrie bekannt. Seine Rhetorik zielt auf die Kumpels der Steinkohlebergwerke in West Virginia und die Driller an den Ölbohrtürmen in Texas. Und auf alle, die ihre Lebensgewohnheiten nicht ändern wollen. Oder nicht ändern können, weil sie arm sind. Die jährlichen CO2-Emissionen pro Kopf liegen in den USA mit 16,1 Tonnen pro Jahr mehr als doppelt so hoch wie in den EU-Ländern. Vor allem Menschen aus dem Arbeitermilieu und Landbewohner fürchten, im Falle eines Wahlsieges der Demokraten ihre Pickups aufgeben oder ihre schlecht isolierten Häuser umbauen zu müssen.
Wenn es um Klimapolitik geht, ist Trump und seinen Anhängern jede Lüge recht. So behauptete Trump in einem seiner jüngsten Wahlkampfauftritte, dass die Erwärmung der Atmosphäre eine gute Sache sei. Sie beschere den Bewohnern von Michigan schließlich mehr Küstenimmobilien. Ausgerechnet Michigan! Der Staat im mittleren Westen liegt fast tausend Kilometer von der Meeresküste entfernt. Würde er – dank steigenden Meeresspiegels – zum Küstenstaat, müsste die Hälfte der US-Bevölkerung den Fluten weichen. Auch Trumps Residenz in Florida, Mar-a-Lago, würde Opfer der Fluten.
Bizarre Lügen über Milton
Trump-Vertrauter Alex Jones, setzte noch eins drauf. Der Moderator der Nachrichten-Schau Info Wars behauptet, Biden und die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris kontrollierten das Wetter. Sie hätten es abgelehnt, mit einer existierenden Wetterwunderwaffe Wirbelstürme wie Milton zu verhindern. Tatsächlich forschen seit den Vierzigerjahren Wissenschaftler an Methoden der Wetterbeeinflussung – bis heute jedoch erfolglos. Denn selbst die Kraft von Atombomben reicht nicht aus, um Hurrikane wie Leslie, Kirk oder Milton zu beeinflussen.
Dagegen sind Trump-Lügen wie die Behauptung, die Opfer der Hurrikane erhielten nur 750 Dollar an öffentlicher Unterstützung, eher harmlos. Trump: Die Regierung habe kein Geld für die Opfer. Sie gebe hunderte Milliarden Dollar zur Unterstützung ferner Länder aus. Länder, von denen der normale Bürger noch nie gehört habe. Darüber hinaus habe Vize-Präsidentin Harris, so Trump, „ihr gesamtes FEMA-Geld, Milliarden Dollar, für die Unterbringung illegaler Einwanderer ausgegeben, von denen viele nicht in unserem Land sein sollten“.
Tödliche Milton-Fakes
Wahr ist: Die 750 Dollar pro Kopf sind eine unbürokratische Ersthilfe, mit der die Betroffenen Ausgaben für Lebensmittel oder Kleidung bestreiten. Darüber gibt es jedoch, so stellte die Klimakatastrophen-Behörde, die Federal Emergency Management Agency (FEMA), in einer Mitteilung klar, umfassende Hilfen nicht nur für die vorübergehende Unterbringung. Und bis 40 000 Dollar an Zuschüssen für Hausreparaturen.
In dieses Bild passen auch die Verleumdungen über die FEMA, die interessierte Kreise Seite per Internet streuen. Die Verbreiter warnten die Betroffenen davor, gefährdete Gebiete zu verlassen. Denn die FEMA beschlagnahme aufgegebene Häuser. Die meisten Opfer der Wirbelstürme waren jedoch eben jene Menschen, die sich – entgegen der Warnungen der Behörden – nicht in Sicherheit gebracht hatten. Etliche davon dürften Opfer der Falschbehauptungen aus der Trump-Sphäre sein.
Man kann Menschen mit einer Axt erschlagen. Oder mit Fake News.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar