Nordkorea in Grünheide: US-Elektroauto-Bauer Tesla schnüffelt krankgemeldeten Mitarbeitern an der Haustür nach

Der US-Elektroautobauer Tesla rückt krankgemeldeten Mitarbeitern in seinem Werk im brandenburgischen Grünheide mit Kontrollbesuchen zu Hause auf die Pelle.

Tesla-Gründer Elon Musk: Kontrollen bei krankgemeldeten Mitarbeitern erinnern an Nordkorea (Foto: Tumisu / pixabay)
Tesla-Gründer Elon Musk: Kontrollen bei krankgemeldeten Mitarbeitern erinnern an Nordkorea (Foto: Tumisu / pixabay)

Klimafreundlich heißt nicht automatisch mitarbeiterfreundlich – und schon gar nicht respektvoll. Dies bestätigt ein Tonmitschnitt von einer Betriebsversammlung des US-Elektroautobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide, aus dem das Handelsblatt zitiert. Demnach rückte das Unternehmen Mitarbeitern, die sich krankgemeldet hatten, planmäßig zu Hause auf die Pelle, um den Gesundheitszustand zu checken. “Wir haben uns einfach mal 30 Mitarbeiter ausgesucht, die entsprechende Auffälligkeiten hatten, die sich ziemlich lange im Krankenstand befinden, aber auch viele Erstbescheide”, so Tesla-Personalchef Erik Demmler zu den Kontrollen an der Haustür ausgewählter Mitarbeiter, die er zusammen mit Geschäftsführer André Thierig unternahm.  Die Reaktionen der Verdächtigen fielen entsprechend aus. Manche hätten die Tür nicht aufgemacht, andere sogar den Notruf 110 wählen wollen, so das Handelsblatt. „Das hat man einfach gemerkt an der Aggressivität“, so Oberschnüffler Demmler laut Tonmitschnitt. „Indem man die Tür zugeschlagen bekommt. Indem mit Polizei gedroht wird. Indem man gefragt wird, ob man nicht vorher einen Termin machen muss.”

Kontrollbesuchen bei Krankgemeldeten den Weg bereitet

Die Methode Nordkorea, derer sich die Manager des US-Autobauers in Grünheide bedienen, ist in gewisser Weise Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber dem hohen Krankenstand in der Megafactory vor den Toren Berlins. Im August sei der Anteil der Krankgemeldeten an der rund 1200-köpfigen Belegschaft auf 17 Prozent gestiegen, Anfang September habe sie immer noch elf Prozent gewesen, so Demmler laut Tonmitschnitt. “Das heißt”, so die eigenwillige Schlussfolgerung des Personalchefs, “wir mussten zu den Leuten fahren. Und das haben wir gemacht.” Bereits vor gut einem Jahr war Geschäftsführer Thierig ebenfalls auf einer Betriebsversammlung über krankgemeldete Mitarbeiter hergezogen, indem er einer ungenannten Anzahl von ihnen Faulheit unterstellte und so den Weg für die Kontrollbesuche diesen Sommer mit den Worten vorbereite: “Wir werde das nicht dulden, dass manche sich den Rücken krumm buckeln für andere, die einfach keinen Bock haben, zur Arbeit zu kommen”. Es gebe bei Tesla keinen Platz für Leute, die morgens „nicht aus dem Bett“ kommen.

Unternehmensfreundliche Betriebsratsvorsitzende

Nach Meinung des Arbeitsrechtlers Till Heimann von der Düsseldorfer Anwaltskanzlei Kliemt sind derartige Kontrollbesuche durch den Arbeitgeber erlaubt, “jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass mit der Krankmeldung etwas nicht stimmt“. Und auch der Betriebsrat muss ihnen, zumindest nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg, vermutlich nicht zustimmen. Bei Tesla in Grünheide indes kommt die Betriebsratsvorsitzende Michaela Schmitt nicht von der IG Metall, die vehement für bessere Arbeitsbedingungen in dem Werk kämpft, sondern von der unternehmensfreundlichen Mitarbeitervertretungsvereinigung “Giga United”, die sich überwiegend aus Projektmanagern und Teamleitern zusammensetzt und der weniger gewöhnliche Arbeitnehmer angehören. So ist es kein Wunder, dass die Giga-United-Betriebsratschefin Schmitt die unangekündigten Kontrollen an der Haustür krankgemeldeter Tesla-Mitarbeiter unterstützt. Die IG Metall klagt indessen schon länger vor allem über ihrer Ansicht schlechte Arbeitsbedingungen und ständige Arbeitsverdichtung bei Tesla, die in vielen Unternehmen die Ursache für zahlreiche Krankmeldungen sind.

Mehr: Handelsblatt

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