Flucht von Peek & Cloppenburg in Schutzschirmverfahren ist eine Ohrfeige für Wettbewerber und Gesellschaft

Das Schutzschirmverfahren, in das die Modekette Peek & und Cloppenburg floh, um die Pleite zu verhindern, ist ein unerhörter Skandal zu Lasten der ehrbaren Unternehmer und der gesamten Gesellschaft. Die Blaupause dafür lieferte Galeria Kaufhof. Ein Beitrag von Wolfgang Grupp.

Wolfgang Grupp, 80, ist Eigentümer des T-Shirt- und Freizeitbekleidungsherstellers Trigema im schwäbischen Burladingen. Der Mittelständler mit rund 1200 Beschäftigten produziert nur in Deutschland und ist der größte Produzent von Kleidungsstücken aus Bio-Baumwolle hier zu Lande. Als eingetragener Kaufmann haftet Grupp im Gegensatz etwa zu geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH mit seinem ganzem Vermögen für das Unternehmen. Vor diesem Hintergrund kritisiert der streitbare Unternehmer seit Jahren Manager und Anteilseigner von Firmen, die in guten Zeiten Gewinne einstreichen und  für ihre Fehlentscheidungen andere büßen lassen (Foto: Trigema)
Wolfgang Grupp, 80, ist Eigentümer des T-Shirt- und Freizeitbekleidungsherstellers Trigema im schwäbischen Burladingen. Der Mittelständler mit rund 1 200 Beschäftigten produziert nur in Deutschland und ist der größte Produzent von Kleidungsstücken aus Bio-Baumwolle hier zu Lande. Als eingetragener Kaufmann haftet Grupp im Gegensatz etwa zu geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH mit seinem ganzen Vermögen für das Unternehmen. Vor diesem Hintergrund kritisiert der streitbare Unternehmer seit Jahren Manager und Anteilseigner von Firmen, die in guten Zeiten Gewinne einstreichen, für ihre Fehlentscheidungen aber andere büßen lassen. (Foto: Trigema)

Peek & Cloppenburg – nach Karstadt, Kaufhof, AppelrathCüpper, Görtz und vielen anderen ist nun auch die Modekette mit Sitz in Düseldorf im Schutzschirmverfahren. Leben wir noch in einem Rechtsstaat oder ist der Anständige nur noch der Dumme? Das sogenannte Schutzschirmverfahren ist ein Skandal zu Lasten der anständigen Unternehmer und der gesamten Gesellschaft.

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40 Prozent online

Das Geschäft mit Bekleidung ist sicherlich für Hersteller und für Händler nicht einfach, deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die Hersteller und die Händler den Wünschen der Kunden so schnell wie möglich anpassen. Das heißt, der Produzent muss flexibel in seiner Produktion sein und der Handel muss ebenso sein Angebot konstant den Wünschen des Verbrauchers anpassen. Dazu braucht er Lieferanten, die schnell reagieren können. Deshalb bietet der Produktionsstandort Deutschland die beste Voraussetzung, sich kurzfristig ändernden Marktwünschen anzupassen. Wir bei Trigema haben das konstant getan, produzieren deshalb in der Zwischenzeit über zehn Prozent unserer Produkte aus Bio-Baumwolle. Und wir bieten dem Kunden jegliche Möglichkeit zum Einkauf, per Handy, per Telefon, per E-Mail oder auch auf schriftlichem Wege. Wir haben auch eigene Läden, verkaufen heute aber 40 Prozent der Produktion online.

Verantwortliche in den Chefetagen

Wer den Wandel der Zeit nicht erkennt, darf sich nicht über die Probleme beschweren, die auf ihn zukommen, weil er sie durch das Nichterkennen des Wandels selbst verursacht hat. Es hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun, wenn unser Rechtsstaat es zulässt, dass solche Versager in die Insolvenz in Eigenverwaltung oder in ein Schutzschirmverfahren wie jetzt Peek & Cloppenburg fliehen, sich von Schulden befreien können auf Kosten von Lieferanten und Steuerzahlern, Zuschüsse vom Staat erhalten und dann befreit von allen Belastungen problemlos wieder weitermachen. Die Konkurrenten, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, sind die Dummen. Die eigentlichen Verantwortlichen für die Misswirtschaft sind nicht die Arbeitnehmer, sondern sitzen in den Chefetagen, die das Unternehmen durch ihre Misswirtschaft an die Wand fahren.

Gesetz von FDP-Ministerin

Peek & Cloppenburg bedient sich mit dem Schutzschirmverfahren wie andere prominente Missetäter eines Gesetztes aus dem Jahr 2012, um seine Verluste an andere weiterzugeben. Diese Gesetzt nennt sich „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“. Die Idee dazu hatte die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberg von der FDP, die die Bestimmungen in die bestehende Insolvenzordnung aufnehmen ließ. Seitdem ist es kein Problem, mal kurz in die Insolvenz zu gehen oder sich durch das Schutzschirmverfahren kurz vor der Pleite von allen Lasten zu befreien. Die Gewinner sind die Insolvenzverwalter und die geschäftstüchtigen Anwaltskanzleien. Die Verlierer sind die Mitarbeiter, die Lieferanten, die Steuerzahler und auch die anständigen Unternehmer, die rechtzeitig ihre Probleme erkannt und sich auf den Wandel eingestellt haben.

Viermal absahnen

Die Insolvenzanmeldung beim Amtsgericht läuft immer auf das Gleiche hinaus: Erstens darf das Management, das für die Schieflage verantwortlich ist, im Amt bleiben und wird weiter bezahlt – meist fürstlich. Zweitens gelten alle bisherigen Verträge mit Kreditgebern und Warenlieferanten nicht mehr. Das heißt, die Verursacher der Insolvenz entscheiden meistens, wie viel sie den Unschuldigen noch von deren berechtigten Forderungen bezahlen. Drittens übernimmt die Bundesanstalt für Arbeit aus einem Topf, in den alle funktionierenden Unternehmen einbezahlt haben, für drei Monate in Form von Kurzarbeitergeld die Löhne und Gehälter, so dass die Schuldigen auch noch 25 Prozent ihrer jährlichen Personalkosten sparen. Und viertens verdienen sich der Insolvenzverwalter, der über das Management wachen soll, und die von ihm eingesetzten zusätzlichen Sanierungsspezialisten zumeist aus führenden Anwaltskanzleien eine goldene Nase. Bei Galeria Kaufhof und den Vorgängerunternehmer Kaufhof und Karstadt munkelt man, dass für die zwei vergangenen Insolvenzen 80 Millionen Euro an Anwälte- und Sanierungsspezialisten flossen.

Die Zukunft verschlafen

Das Peek & Cloppenburg den Onlinehandel verschlafen hat und sich auch als stationärer Händler nicht dem Wandel angepasst hat, ist bekannt. Wenn man noch nie von einem Problem bei Breuninger in Stuttgart gehört hat, dann kann es nicht an der schwierigen Zeit liegen, sondern ausschließlich an den Verantwortlichen bei Peek & Cloppenburg. Anstatt sich auf die zukunftsfähige Ausrichtung des Geschäftes zu konzentrieren, expandierte Peek & Cloppenburg in den vergangenen 25 Jahren unverantwortlich. Dazu kommt der Wasserkopf in der Verwaltung, wo fast 15 Prozent der Beschäftigten arbeiten. Trotz dieses gravierenden Missmanagements, werden die Verantwortlichen bei Peek & Cloppenburg unter den Schutzschirm gestellt – wogegen Lieferanten, Kreditgeber und vor allem Mitarbeiter entsprechend zur Kasse gebeten werden.

Wider Marktwirtschaft und Rechtsstaat

Wenn man dann noch erfährt, dass vor der Insolvenz noch rechtzeitig die Firma in die Schweiz verlegt wurde und dies alles rechtens ist, dann darf man sich nicht wundern, wenn die ehemaligen Inhaber großspurig bekannt geben, dass sie eventuell auch einen Teil zur Sanierung beitragen. In einer funktionierenden Marktwirtschaft und einem funktionierenden Rechtsstaat wären sie dazu aber eigentlich verpflichtet. Die Leittragenden sind die Mitbewerber, die rechtzeitig den Wandel der Zeit erkannt haben, und vor allem jene Firmeninhaber, die in der Rechtsform der Personengesellschaft für ihre Entscheidungen persönlich mit ihrem Privatvermögen haften. Deren Entscheidungen sind überlegter, verantwortungsvoller und vor allem nicht von Gier und Größenwahn geprägt.

Kassiert und weiterverkauft

Die Misere von Galeria Kaufhof beziehungsweise Kaufhof und Karstadt ist ein klassisches Beispiel hierfür. Selbst Hunderte Millionen Euro an Staatszuschüssen verhinderten nicht, dass der Konzern erneut vor den gleichen Problemen steht wie zu Beginn des Niedergangs. Unser Rechtsstaat ließ zu, dass der Insolvenzverwalter nach der ersten Insolvenz Karstadt Kaufhof an einen Herrn Berggruen aus Amerika verkaufte und dieser problemlos 100 Millionen Euro herausgeholt hat, um dann an den österreichischen Milliardär René Benko weiterzuverkaufen. Da muss man sich schon fragen, ob der Insolvenzverwalter es nicht versäumt hat, diese 100 Millionen Euro für die Gläubiger herauszuholen. Jetzt ist Galeria Kaufhof wieder im Schutzschirmverfahren, und Herr Benko, der die ganze Zeit hohe Mieten kassiert hat, wird nicht zur Kasse gebeten.

Zeit für Veränderungen

So kann es doch nicht weitergehen. Wir müssen das Grundgesetz der Marktwirtschaft wieder in Kraft setzen. Das heißt, wer verantwortlich für sein Handeln ist, soll und darf im Fall des Erfolges auch gutes Geld verdienen, er muss aber im Fall des Misserfolges auch für die Schäden aufkommen, die er durch seine Fehler verursacht hat. Deshalb fordere ich schon lange, dass alle Unternehmer, die unbeschränkt für ihr Tun haften, 50 Prozen Steuerrabatt erhalten. Dann würden wieder viele in die Haftung gehen und dann wären die Entscheidungen sicher überlegter, verantwortungsvoller und vor allem nicht der Gier ausgesetzt.

Dass ich als eingetragener Kaufmann für TRIGEMA voll hafte und die gleiche Einkommenssteuer bezahle, wie jeder, der in guten Zeiten kassiert und in schlechten Zeiten den Bettel hinschmeißen darf, ist für mich in einem angeblichen Rechtsstaat nicht zu verstehen.

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