Erst Jahre lang dicke Dividenden ausschütten und dann, wenn es schlecht läuft, den Steuerzahler anbetteln: Der Ruf nach Staatsbürgschaften für die Tochter Siemens Energy ist ein weiteres Beispiel für die Dreistigkeit führender deutscher Spitzenmanager – besonders von Siemens-Chef Roland Busch. Ein Kommentar von Reinhold Böhmer.
Wenn es einen sicheren Zukunftsmarkt mit aussichtsreichen Geschäften gibt, dann sind es die neuen Energien, an ihrer Spitze die Windenergie. Jeder in der Industrie weiß um die wirtschaftlichen Potenziale, die sich hier heben lassen, wenn man es richtig anstellt. Darauf wies kein Geringerer als der Münchner Betriebswirtschaftsprofesser und Unternehmensberater Horst Wildemann auch auf Greenspotting hin. Wenn die Herstellung der Windräder nach allen bekannten Regeln der Fertigung industrialisiert würden, so der Grandseigneur der hiesigen Fabrikplanung, sei die Wirtschaftlichkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Windkraft dank großer Stückzahlen und automatisierter, rationeller Massenfertigung nur eine Frage der Zeit. Kein Wunder, dass der Hamburger Windturbinenhersteller Nordex im zweiten Quartal dieses Jahres trotz Materialproblemen ein Plus im Tagesgeschäft meldetet und auch der dänische Anbieter Verstas in die Gewinnzone zurückkehrte.
Ursünde Gamesa
Und was macht Siemens Energy? Die 25-prozentige Tochter des Münchner Technologie-Konzerns Siemens, die 2017 den Windanlagenbauer Gamesa im spanischen Baskenland übernahm, schreibt nicht nur kapitale Verluste, wohl 4,5 Milliarden Euro in diesem Geschäftsjahr. Schuld daran ist die Erwerbung Gamesa, die riesige Probleme hat, fehlerfreie Anlagen zu produzieren. Siemens-Chef Roland Busch sieht sich offenbar auch nicht in der Lage, den Ableger aus eigener Kraft zu sanieren – weswegen Siemens Energy jetzt nach dem Steuerzahler ruft. Der Konzern hat bestätigt, dass er bei der Bundesregierung um Bürgschaften nachgefragt hat, damit Kunden sich überhaupt noch trauen, bei Siemens Engergy Windanlagen zu ordern.
Bei Versagen Staatsbürgschaften
Da ist also ein Spitzenmanager, der 2017 als einfacher Siemens-Vorstand die Übernahme eines kritisch beleumundeten Wettbewerbers einfädelte und Konzernkollegen als Kontrolleure in dessen Verwaltungsrat entsandte. Und dieser Spitzenmanager ist ein halbes Jahrzehnt nicht in der Lage dafür sorgen, dass ein übernommenes Unternehmen saniert wird. Und da ist ein satter, prosperierender Weltkonzern, der an dem Börsengang von Siemens Energy kräftig verdiente und von diesem Unternehmen seitdem jährlich mindestens 400 Millionen Euro für „zentrale Unternehmensdienstleistungen“ einsackt, davon zulätzt 50 Millionen Euro allein für die Nutzung der Marke Siemens. Und für ein solches Versagen bei gleichzeitigem Abkassieren erhofft sich der oberste Siemens-Lenker anscheinende nun Bürgschaften vom deutschen Steuerzahler.
Jahrelang unfähig, Siemens Energy zu sanieren
Offenbar haben die zig Milliarden aus dem Bundeshalt, die seit der Corona-Krise und dem Subventionswettlauf mit den USA an Unternehmen fließen, die Schamschwelle von Leuten wie Siemens-Chef Busch auf null sinken lassen. Wer Gewinn macht, darf sich diese einstecken, wer Verluste macht, muss für diese aufkommen. Das ist die Grundregel der Marktwirtschaft und eine zentrale Legitimation des Kapitalismus. Also müssen Siemens und die anderen Aktionären mit Tatkraft und eigenem Geld, entweder mit Mitteln aus der Konzernkasse oder aus einer Kapitalerhöhung, gefälligst selbst für die Bürgschaften sorgen, die Siemens Energy offenbar braucht.
Zeit, den Hut zu nehmen
Siemens-Chef Busch hingegen sollte sich schämen und ehrlicherweise den Hut nehmen, wie Bayer-Chef Werner Baumann dies nach dem Milliardendesaster durch die Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto auf Druck von Investoren schließlich tat. Busch ist der starke Mann hinter Siemens Energy. Wer nicht in der Lage ist, ein übernommenes Unternehmen nach bekannten Regeln der Industrie zukunftsfähig aufzustellen, und dann auch noch den Ruf nach dem Staat zulässt, ist schlicht ein Rundumversager.
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