Strom aus Wasserstoff ist bis zu dreimal teurer als Strom aus Biogas

Anlagen für Biogas stellen günstig Energiereserven zur Vermeidung von sogenannten Dunkelflauten bereit. Ein Ausbau der Kapazitäten würde die Stromrechnung für die Verbraucher senken.

Biogasanlage Liefert Energie deutlich günstiger als Reservekraftwerke auf Erdgas-Basis (Fachverband Biogas)
Biogasanlage Liefert Energie deutlich günstiger als Reservekraftwerke auf Erdgas-Basis (Fachverband Biogas)

Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, geht die Stromerzeugung in Deutschland fast um die Hälfte zurück. Diese Lücken werden zwar durch Lieferungen aus dem Ausland gefüllt. Allerdings reicht der importierte Strom längst nicht immer. Reservekraftwerke springen dann ein. In einer klimaneutralen Wirtschaft sollen sie mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Fachleute gehen bis zum Jahr 2030 von einer potentiell fehlenden Kapazität in Höhe von 49 Gigawatt aus.

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Eine vor Tagen veröffentlichte Studie der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Biogas die Kosten für den Reservestrom erheblich vermindern könnte. Das Gas würde darüber hinaus die durch Dunkelflauten bedingten Versorgungslücken halbieren. Der Studie zufolge könnte der Ausbau von Biogasanlagen und Blockheizkraftwerken bis 2030 rund 12 Gigawatt gesicherte Leistung zur Verfügung stellen. In Kombination mit Wasserstoffkraftwerken stünde damit insgesamt 25,9 Gigawatt Reserveleistung bereit.

Biogas deutlich günstiger

Dabei wären die Ausgaben für die Gasanlagen aus Biomasse bei gleicher Leistung deutlich günstiger als die für Wasserstoff-Kraftwerke. Investitionen in die Biogasbranche sind – nach der Studie – immerhin um den Faktor 1,9 bis 3,7 niedriger als bei wasserstoffbasierten Reservekraftwerken. Denn wasserstoffbasierte Kraftwerke müssten überwiegend neu gebaut werden. Die größtenteils schon bestehenden Anlagen für Gas aus Biomasse benötigten lediglich einen Um- und Ausbau. Der Strom aus diesen Kraftwerken würde im Jahre 2030 infolge dessen zwischen nur zwischen 25 Cent bis 44 Cent pro Kilowattstunde kosten. Wasserstoffbasierter Strom käme hingegen auf Beträge zwischen 49 Cent bis 133 Cent. Er wäre folglich bis zu dreimal teurer.

Der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, erläuterte dazu: „Die Anlagen sind da, sie stehen sofort zur Verfügung, sie sind praxiserprobt und laufen einwandfrei. Eine Verdoppelung der bestehenden Leistung von heute 6 auf 12 Gigawatt bis zum Jahr 2030 wäre problemlos möglich.“

Minister macht Kehrwende

In den vergangenen Jahren hatte die Branche häufig über fehlende Unterstützung durch die Politik geklagt. Obgleich die rund zehntausend Anlagen eine potentielle Kapazität von 6 000 Megawatt, also die Leistung von sechs Kraftwerken bereitstellen, spielte das Gas aus Mais, Gülle oder Abfällen lange Zeit kaum eine Rolle in der Kraftwerksstrategie von Bundeswirtschaftsminister Rober Habeck.

Denn Biogas-Anlagen verwenden auch Feldfrüchte als Ausgangsprodukt. Nur ein kleiner Teil des Gases stammt aus Abfallprodukten. 80 Prozent der Ausgangsstoffe werden eigens für die Gaserzeugung angebaut. “Ackerfrüchte gehören auf den Teller”, lautet daher die eingängige Parole der Kritiker. Schlimmer noch: Rund fünf Prozent des erzeugten Methans gehen nicht ins Gasnetz oder in die Stromerzeugung, sondern in die Atmosphäre. Methan ist aber eines der gefährlichsten Klimagase. Über zwanzig Jahre gerechnet ist seine klimaschädliche Wirkung 86-mal stärker als die von CO2.

Pro und Kontra

Dennoch machte der grüne Minister jüngst eine Kehrtwende und verkündete eine umfassende Reform der Biomasse-Förderung. Denn auch die Biogas-Befürworter haben starke Argumente. Ihrer Rechnung nach verbraucht der Anbau der Ausgangsprodukte wie Mais oder Raps nur etwa neun Prozent der deutschen Ackerflächen – mit abnehmender Tendenz. Und nicht nur die Biogasbranche, sondern auch der Öko-Lobbyist Deutsche Umwelthilfe verweist darauf, dass Biogas-Anlagen das von ihnen erzeugte Methan auffangen und verwerten. Im natürlichen Verrottungsprozeß entweiche das aus Gülle oder Stroh anfallende Mehtan hingegen unkontrolliert in die Atmosphäre. Das klimaschädliche Entweichen von Methan aus Biogas-Anlagen müsse jedoch durch technische Optimierung vermindert werden.

„Biogas kann im zukünftigen Energiesystem weiter eine wichtige Rolle spielen“, sagte Habeck bei der Bekanntgabe seines Biogas-Pakets Mitte August. Unter anderem soll die Flexibilität der Stromerzeugung durch tageszeitabhängige Vergütungen besser honoriert werden.

Mehr: Fachverband Biogas

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