Flugtaxis: Laut, teuer, geringer Beitrag zum Klimaschutz – ein “energieintensives Luftschloss mit geringer Akzeptanz”

Mitten in den Hype um elektrische Flugtaxis als klimafreundlicher Ausweg aus dem Verkehrsinfarkt in den Metropolen platzt eine Untersuchung, die die futuristischen Verkehrsmittel als teuer, laut, kaum schneller und bedingt klimafreundlich einstuft.

Flugtaxi von Lilium: Laut, teuer, geringer Beitrag zum Klimaschutz - ein "energieintensives Luftschloss mit geringer Akzeptanz" (Foto: Lilium)
Flugtaxi von Lilium: Laut, teuer, geringer Beitrag zum Klimaschutz – ein “energieintensives Luftschloss mit geringer Akzeptanz” (Foto: Lilium)

Das eine Unternehmen heißt Lilium, residiert bei München und bettelt gerade um eine staatliche Bürgschaft in Höhe von 100 Millionen Euro, andernfalls verlasse es aus Deutschland. Prompt gab es in Bayern eine “industriepolitische Richtungsentscheidung des Ministerpräsidenten und des gesamten Kabinetts”, will heißen, eine prinzipielle Zustimmung. Das andere Unternehmen nennt sich Volocopter, sitzt im baden-württembergischen Bruchsal und streitet sich gerade mit Investoren, die nicht die erwartete gigantische Rendite einstreichen konnten. Beide Unternehmen arbeiten seit längerem an sogenannten Flugtaxis, um die weltweit ein regelrechter Hype ausgebrochen ist. Die elektrisch betriebenen Senkrechtstarter werden von ihren Entwicklern als klimafreundlicher Ausweg aus dem Verkehrsinfarkt in den Metropolen gepriesen. Doch die Euphorie bekommt nun einen empfindlichen Dämpfer. Laut, teuer, kaum schneller, nur ein geringer Beitrag zum Klimaschutz – zu diesem Ergebnis kommt das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung  (ZEW) in Mannheim, das die bisherigen Studien zu den angekündigten futuristischen Fortbewegungsmitteln unter die Lupe nahm.  Der hoch gelobte Kurzststreckenwunderflieger sei ein “energieintensives Luftschloss mit geringer Akzeptanz”, die “tatsächlichen Vorteile” seien “sehr begrenzt”.

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Flugtaxis – eine Option für Wohlhabende

So stoßen Flugtaxis ausschließlich im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotor weniger CO2 aus. Gegenüber Elektroautos, die die Zukunft des Autoverkehrs darstellen, benötigen sie mehr Energie. Der hohe Energieverbrauch verglichen mit dem Pkw, öffentlichen Nahverkehr und Fahrrad, so ZEW-Forscherin Anna Straubinger, führe dazu dazu, dass Flugtaxis höchstens einen geringen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssystems leisten könnten. Mit dem angepeilten Preis von fünf Euro pro Kilometer seien Flugtaxis zudem zweieinhalb mal so teuer wie die herkömmlichen Droschken und ungefähr 15-mal teurer als die Fahrt mit dem eigenen Auto. Deshalb erschienen ihr Flugtaxis eher als eine “Option für Wohlhabende”, so Forscherin Straubinger. Darüber hinaus bräuchten Flugtaxis vielfach spezielle Start- und Landeplätze, was Wartezeiten, An- und Abfahrtswege verursache. “Berechnet man diese ein, führt dies nur selten zu einer Zeitersparnis.”

Vorteile lediglich im Notfalldienst und für entlegene Gegenden

Ein Fortschritt wären Flugtaxis allerdings, etwa wenn sie im Notfalldienst sowie zur Anbindung abgelegener Gegenden eingesetzt würden. “Für diese Einsatzzwecke können wir auch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung erwarten”, so ZEW-Forscher Straubinger. So ist in Deutschland die ADAC-Luftrettung an solchen Fluggeräten interessiert. Die kritisierten Hersteller reagieren mit eher allgemein gehaltenen Erwiderungen. Volocopter lässt verlauten, Ziel sei, die “lange Reise zur Dekarbonisierung der Luftfahrtindustrie zu beginnen” und Kunden in bestimmten Städten und Märkten ein sichereres, leiseres und schnelleres Transportmittel zu bieten. Gedacht sei an Großstädte mit hohem Verkehrsaufkommen wie Rom und Paris, wo die Menschen viel im Stau stehen. Eine Studie habe für San Francisco gezeigt, dass Flugtaxis die Stadt entlasten könnten. Ansonsten sei klar, dass Fliegen immer mehr Energie verbrauche als Rollen, insbesondere beim Start, beim Schweben und bei der Landung, so Volocopter. “Diese Art der Beförderung ist neu, und neue Technologien brauchen Zeit, um sich in der breiten Masse durchzusetzen.” Das Unternehmen verstehe die Bedenken und arbeite weiter am Verständnis der Menschen.

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