Durchmarsch der Oligopole

Windparks auf hoher See stellen die vertraute Logik der nachhaltigen Energien auf den Kopf. Klein und dezentral geht es in der Welt der marinen Megaprojekte nicht mehr zu. Großinvestoren wie die EDF, Total oder BP errichten Anlagen, die mehr Leistung bereitstellen als Atomkraftwerke.

Windanlage auf dem Meer: Zu groß für kleine Investoren (Erich Westendarp/Pixelio)

Je größer, je profitabler und am besten alles schön konzentriert – das war die Energie-Welt vor der Wende zu Sonne, Wind und Biogas. Die nachhaltigen Energien machten dem ein Ende. Mit einem Mal konnte jeder Häuslebauer ein Solardach, jeder Bauer ein Windrad installieren und zum Energielieferanten werden. Doch zunehmend spielen Größenvorteile wieder eine Rolle in der Branche. Offshore-Windparks und große Solarfelder überfordern Kleinbetreiber finanziell. Jetzt ist die Stunde der Energiegiganten. Der niederländisch-britische Erdölkonzern BP verkündete im September, über eine Milliarde Dollar in zwei Offshore-Windparks vor der US-Küste zu stecken. Der französische Mineralöl-Riese Total konterte Tage später mit der Ankündigung, dass er ab sofort jährlich drei Milliarden Dollar in das Ökostromgeschäft investieren wolle. Der zweitgrößte Stromversorger der Welt, die französische EDF, gibt allein für ein Windprojekt vor der flämischen Hafenstadt Dünkirchen rund zwei Milliarden Euro aus. Und der Karlsruher Energieriese EnBW, so wurde vor Tagen bekannt, will bei Berlin ein Solarfeld mit einer Spitzenleistung von 500 Megawatt ausbauen.

Doch vor allem die Offshore-Windenergie verändert die Logik der Branche. Windparks auf dem Meer wie das Doggerbank-Projekt des norwegischen Gas-und Öllieferer Equinor und der irischen SSE Renewables stellen heute mit 3 600 Megawatt Spitzenleistung fast dreimal mehr Energie als mittelgroße Atomkraftwerke bereit. Dabei hat die Geschichte der Windenergie auf dem Meere erst begonnen. Im vergangenen Jahr stammten gerade mal 2,3 Prozent der elektrischen Energie von Offshore-Anlagen – immerhin mehr als doppelt so viel wie fünf Jahre zuvor. Die Internationale Energieagentur, eine Einrichtung von 16 Industrieländern mit Sitz in Paris, geht in einem jüngst veröffentlichten Bericht von einer Verdreifachung der Kapazitäten auf 305 Terrawattstunden bis zum Jahr 2025 aus. Für beschleunigtes Wachstum spricht auch die Tatsache, dass bislang nur fünf Länder (GB,D,B,DK,CHN) für 95 Prozent des Offshore-Marktes stehen. „Aber neue Länder stehen bereit, darunter die Vereinigten Staaten, Südkorea oder Taiwan“, sagt Sophie Meritet, Expertin für Energie und Geopolitik an der Université Paris-Dauphine.

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