Erst Landflucht, dann Zersiedlung begünstigen Waldbrände in Griechenland

Der ehemalige griechische Finanzminister sieht – abgesehen vom Klimawandel – Fehler von Politikern als Ursache für die zunehmenden Feuerbrünste. Planloses Bauen in die entleerte Landschaft habe über Jahrzehnte mögliche Feuerherde geschaffen. Gleichzeitig sei bei den Feuerwehren und bei der Infrastruktur zur Bandbekämpfung gespart worden.

Yanis Varoufakis Politische Fehler führten zu Brandkatastrophen (Foto: DTRocks)

Der griechische Ökonom und Parlamentarier hat in der britischen Tageszeitung The Guardian eine Analyse der politischen Ursachen der Waldbrände in Griechenland veröffentlicht. In den vergangenen Wochen waren über 100 000 Hektar alter Pinienhaine allein in Griechenland durch Feuer vernichtet worden. Andere Länder des Mittelmeerraum waren ähnlich betroffen.

In Griechenland hätten – so Varoufakis – zwei Bevölkerungsbewegungen die Empfänglichkeit der Waldlandschaften für Brände vergrößert. Ab den Fünfzigerjahren habe es zunächst einen Massenexedus der verarmten Landbevölkerung nach Deutschland, Australien und vor allem nach Athen gegeben. Die Politik habe dem nichts entgegengesetzt. Die überfüllte Hauptstadt sei durch das planlose Wachstum zu einem Betondschungel geworden. In den Sechzigerjahren sei daher das Landhaus zum Traum der beengt lebenden Großstädter geworden.

Die Bebauung auch von Waldgrundstücken sei weitgehend ohne administrative Kontrolle über Jahrzehnte fortgeschritten. EU-Förderungen für Einkaufszentren und Siedlungen in bewaldeten Gegenden hätten den Trend noch verstärkt. Die neue Besiedlung habe bezüglich der Feuergefahr den umgekehrten Effekt der traditionellen Besiedlung durch Bauern. Diese hätten die Wälder gepflegt und kontrolliert – zum Beispiel durch überwachtes, regelmäßiges Abbrennen von Niederholz im Winter und Frühjahr. Den Neubewohner fehlten diese Kenntnisse und Traditionen.

Verwahrlostes Land

Anders als in Ländern wie Deutschland oder Schweden, wo die Wälder intensiv bewirtschaftet würden, seien sie in Griechenland sich selbst überlassen worden. Seit den Siebzigerjahren hätten die Politiker um die wachsende Feuergefahr gewusst. Aber keiner habe das Format besessen, die Wähler aufzufordern auf den Traum vom Ferienhaus in den Pinienhainen zu verzichten und damit seine Wiederwahl zu gefährden. “In gewisser Weise spiegeln der traurige Zustand der griechischen Landschaft, die schnelle und unregulierte Verstädterung und unser schwacher und korrupter Staat den atrophischen Kapitalismus des Landes wieder”, schreibt der dezidierte Marxist in dem Guardian-Beitrag.

Fehler bei der Strategie zur Feuerbekämpfung hätten das Problem noch verschärft. 1998 beispielsweise seien die Waldbrandeinheiten im Zuge einer Modernisierung in die städtischen Feuerwehren integriert worden. Ab da hätten sie sich vornehmlich auf den Schutz von Siedlungen beschränkt. Die Feuerverhütung sei vernachlässigt worden. Schlimmer noch: Ab der Griechenlandkrise im Jahre 2010 seien im Zuge der Sparmaßnahmen viele Feuerwehrleute “gefeuert” worden. Die Mittel für Feuerbekämpfung seien um ein Fünftel reduziert worden.

Troika zündelte mit

Wie gespart wurde, erläutert Varoufakis mit einer Anekdote aus seiner Zeit als Finanzminister. Im Frühling 2015 habe ihn ein Feuerwehroffizier darauf hingewiesen, dass er mindestens 5 000 zusätzliche Feuerwehrleute brauche, um für den Sommer ein Minimum an Brandsicherheit zu gewähren. Varoufakis sparte daraufhin an anderen Stellen und konnte so 2 000 Stellen finanzieren. Die Troika, also die Vertreter der kreditgebenden Institutionen (EU-Zentralbank, Internationaler Währungsfonds und Europäische Kommission), warfen ihm anschließend falsches Spiel vor und drohten mit dem Abbruch der Verhandlungen.

Die Analyse von Varoufakis deckt sich weitgehend mit der des Freiburger Feuerökologen Johann Goldammer. Der Leiter des Zentrums für Globale Feuerüberwachung hatte darauf hingewiesen, dass die traditionelle mediterrane Landwirtschaft erheblich dazu beigetragen habe, die Feuergefahr zu vermindern. Greenspotting berichtete darüber.

Mehr: The Guardian

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