Frankreich – Hass auf Öko-Bewegung eint rechtspopulistische Abgeordnete

Grüner Totalitarismus”, “Verbotsökologie”, “ICCP-Propagandisten” – rechtspopulistische Abgeordnete der neugewählten französischen Nationalkammer beschimpfen wie gewohnt die Umweltbewegung.

Wiedergewählte Parlamentarierin Marine Le Pen (Mitte) mit Politikern des  Rassemblement National (RN) In der Ablehnung der Umweltbewegung sind rechtspopulistische Abgeordnete einig (Grégory ROOSE/Pixabay)
Wiedergewählte Parlamentarierin Marine Le Pen (Mitte) mit Politikern des Rassemblement National (RN) In der Ablehnung der Umweltbewegung sind rechtspopulistische Abgeordnete einig (Grégory ROOSE/Pixabay)

Schon immer hat sich der Rassemblement (RN) mit Kampfbegriffen wie Strafökologie, grüne Ayatollahs oder Öko-Terrorismus zu profilieren versucht. Die Partei positioniert sich gegen alles, was Klimaforscher und Ökologen befürworten – ganz gleich, ob es sich um verkehrsberuhigte Zonen in Städten, CO2-Neutralität, die Errichtung von Windrädern oder um Elektroautos handelt. In der neugewählten französischen Nationalversammlung führen rechtspopulistische Abgeordnete wie gewohnt die öko-kritische Tradition ihrer Partei fort.

RN versus Wissenschaft

So zum Beispiel Guillaume Bigot, Abgeordneter aus Belfort: Dem früheren Journalisten und Geheimdienstler zufolge “gibt es keine Hinweise auf den Treibhauseffekt von Kohlendioxid. Unsere Vorfahren erlebten schnelle und massive Temperaturanstiege ohne dramatische Folgen.”

Ähnlich argumentiert Patrice Martin. Es sei eine Lüge, die Hitzewellen der vergangenen Jahre als Folge von Umweltschäden darzustellen, behauptet der neugewählte Volksvertreter aus der Normandie in einem Facebook-Beitrag.

Und Flaurence Joubert, neugewählte Abgeordnete aus der Dordogne, beantwortet die Frage danach, ob menschliches Handeln die Erderwärmung befördere, mit einem klaren “Nein”. Es seien “Klimamanipulatoren” am Werke, die allen Menschen, die sich der Propaganda der “Globalisten-Progressiven” nicht unterwerfen wollten, ein schlechtes Gewissen machten.

Die wiedergewählte RN-Abgeordnete Edwige Diaz aus dem Département Gironde geht noch einen Schritt weiter. Für sie die Annahme des Klimawandels Grundlage eines “saftigen grünen Geschäftes”.

Lieblingsfeind Weltklimarat

Beliebtes Ziel der Hetze ist seit Langem der Weltklimarat (ICCP). Rechtspopulistische Abgeordnete werden nicht müde, den Weltklimarat als Organistation zu diffamieren, die gegen die Interessen des französichen Volkes arbeitet. So bezweifelte während der Hitzewelle 2023 der gerade wiedergewählte RN-Abgeordnete Thomas Ménage die Analysen der ICCP-Experten und warnte: “Wenn wir dummerweise den IPCC-Daten folgen, laufen wir Gefahr, die Lebensqualität der Franzosen zu beeinträchtigen.“

Kopfschütteln unter Experten verursachte die Bemerkung von Christophe Barthès, wiedergewählter Abgeordneter im südfranzösischen Département Aude. Er verwechselte Wetter und Klima. Als im vergangenen Winter kurzfristig ungewöhnlich tiefe Tempereraturen verzeichnet wurden, vermerkte er auf dem Nachrichtendienst X (früher Twitter): „Schweden erlebt mit minus 43 Grad Celsius die niedrigsten Temperaturen seit 25 Jahren. Bis jetzt liegt uns noch kein Kommentar vom IPCC vor.”

Die RN-Abgeordneten stehen mit ihren verstörenden Äußerungen ganz in der Tradition ihrer Partei. Der Rassemblement National (zu deutsch: Nationale Versammlung) gibt vor, für eine maßvolle, vernünftige Umweltpolitik zu stehen. Der RN beansprucht Verteidiger der “wahren Ökologie” im Sinne des “gesunden Menschenverstandes” zu sein.

Wirre Atompläne

Wenn es jedoch darum geht, konkrete Schritte aufzuzeigen, kommen von den Vertretern der Partei jedoch meist absurde Vorschläge. Noch im Juni verkündete Marine Le Pen, langjährige RN-Vorsitzende und Tochter des RN-Gründers Jean-Marie Le Pen: “Ich will die erneuerbaren Energien stoppen.” Damit nicht genug: Sie erklärte auch, dass es nötig sei, etliche Windräder abzubauen.

Umso mehr befürworten die Rechtspopulisten den Ausbau der Atomkraft als die französische Energiequelle schlechthin. Für Parteichef Jordan Bardella ist die Sache klar: „Atomkraft ist ein französisches Kapital“. Das Atomprogramm des RN namens Marie-Curie-Plan geht von zehn neuen Reaktoren ab 2031 und zehn weiteren ab 2036 aus. Dumm nur, dass sich Frankreichs Atomwirtschaft dazu nicht in der Lage sieht. Das vom staatlichen Stromversorger EDF angegebene Maximalszenario umfasst im ersten Schritt sechs Reaktoren und acht weitere später.

Die Atompläne berücksichtigen darüber hinaus nicht die enttäuschenden Erfahrungen mit den jüngsten Projekten der französischen Kernkraftindustrie. Der Reaktor im normannischen Flamanville wird mit zwölfjähriger Verspätung fertig. Bis zum erwarteten Anfahren im kommenden Jahr werden sich die Kosten auf 19,1 Milliarden Euro summieren. Geplant waren 3,3 Milliarden Euro. Nicht viel besser sind die Erfahrungen bei den Projekten im englischen Hinkley Point oder im finnischen Olkiluoto.

Mehr Schulden

Damit nicht genug: Die Rechtspopulisten versprechen den Bürgern die Senkung der Strompreise um 30 Prozent. Erreichen wollen die RN-Politiker dies durch die Schaffung eines französischen Strompreises, der sich nicht an die EU-weite Preisfindung anleht. Was sie vernachlässigen, ist die Tatsache, dass die Stromrechnung der privaten Haushalte zu einem Drittel aus Steuern, einem Drittel aus Netzkosten und einem Drittel aus Strom besteht. Zwei Drittel der Rechnung hängen also nicht vom Markt ab.

Ebenso soll der Mehrwertsteuersatz auf Energie von 20 Prozent auf 5,5 Prozent gesenkt werden. Zum einen würde die Verbilligung zu einem klimaschädlichen Mehrverbrauch führen. Zusätzlich würde der Staat Steuereinnahmen in Höhe von 16,8 Milliarden Euro verlieren. Ob sich das Land angesichts der Staatsschulden in Höhe von 111 Prozent des Bruttosozialprodukts solche Einnahmeverluste leisten kann, ist eine andere Frage.

Kaum geschwächt

Die Rechtspopulisten haben bei der Wahl Anfang des Monats zwar nicht ihr Ziel einer absoluten Parlamentsmehrheit erreicht. Doch konnten sie immerhin die Zahl ihrer Abgeordneten von 89 auf 143 steigern. Das Wahlergebnis ist damit für den RN nur vordergründig eine Schlappe. Frankreich und Europa müssen weiterhin mit den Rechtspopulisten und ihrer kruden Umweltpolitik rechnen.

Lothar Schnitzler/Frankreich

Mehr: Reporterre; BFM Business

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