Die Technik gab es im Iran und in China schon vor dem Mittelalter. Trotz vielversprechender Neuentwicklungen im 19. Jahrhundert gerieten die sogenannten Vertikalachswindturbinen weitgehend in Vergessenheit. Jetzt erleben sie eine Renaissance. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Platzbedarf, weniger tote Vögel und weniger Lärm.
Windanlagen mit aufrecht drehenden Rotoren bieten zwar, bezogen auf die einzelne Anlage, weniger Energie-Ausbeute. Dafür sind sie aber staffelbar, können in geringeren Abständen aufgestellt werden. Die gewohnten Anlagen mit horizontaler Achse bremsen sich auf See zum Beispiel gegenseitig aus. Einzelne Windräder arbeiten daher wesentlich effizienter als Windanlagen in Gruppen. In der deutschen Bucht betrügen die Verluste bei intensivem Ausbau bis zu achtzehn Prozent. Bei größeren Dichten an Land sind Verluste bis zu 50 Prozent möglich.
Nun hat ein Team der Oxford University Brookes diese Effekte in einer physikalischen Modellsimulation untersucht. Dafür stellten sie Vertikal-Windräder in verschiedenen Abständen und Winkeln zueinander auf und untersuchten, wie die einzelnen Positionierungen die Windgeschwindigkeit beeinflussen. Mit dem Ergebnis hatten die Forscher nicht gerechnet: Statt sich gegenseitig zu behindern, waren die Leistungen bei verschiedenen Konstellationen höher als bei Einzelaufstellung. Stehen zwei solcher Vertikal-Anlagen beieinander, erhöht sich die Leistung um 15 Prozent. Bei Aufstellung in Reihe lieferte das dritte Windrad noch drei Prozent mehr als im Individualbetrieb.
Am günstigsten erwies sich ein Abstand von drei Rotordurchmessern und die Aufstellung in einem Winkel von rund 60 Grad zur Windrichtung. Aber auch bei Abständen von nur zwei Rotordurchmessern mit einer Positionierung von 30 bis 90 Grad zeigten sich noch Synergieeffekte. Damit war der Beweis erbracht, dass die Leistung einer solchen Anlage auch bei sich drehendem Wind nicht entscheidend absinkt.
Geballte Kraft als Gruppe
Der Nachteil von Vertikalrotoren erweist sich in Gruppenaufstellung als Vorteil: Bei einer aufrechtstehenden Windturbine steht immer ein Teil der Flügel gegen den Wind. Bei Einzelaufstellung ist dies der Grund für geringere Wirkungsgrade von nur 35 bis 40 Prozent. Dagegen erreichen klassische Windräder als Einzelkämpfer fast 50 Prozent. In Gruppen hingegen profitieren die Vertikalwindräder von dem so zusätzlich erzeugten Windstrom der benachbarten Windräder. „Zusätzlich sorgen Turbulenzphänomene für eine Zunahme der Energie“, erklärt Teamleiter Joachim Hansen, „zusammen führen diese Mechanismen dazu, dass Vertikal-Windräder zusammen leistungsstärker sind als einzeln.“
Hinzu kommt: Vertikalrotoren sind dreimal leiser als herkömmliche Horizontal-Windräder. Bürgerinitiativen gegen Windräder hatten ihre Kritik in vergangenen Jahren vor allem auf das Lärmaufkommen von Windrädern gestützt. Die vorgeschriebenen Mindestabstände zur Wohnbebauung waren daraufhin erheblich erhöht worden – in Bayern auf 2 00 Meter. Das hatte dazu geführt, das in dem Bundesland so gut wie keine Windräder mehr aufgestellt wurden.
Weniger tote Vögel
Biologen sehen darüber hinaus in den Vertikal-Windrädern eine deutlich geringere Gefahr für die Vogelwelt. Die Flügel drehen langsamer und sind bei Voraussicht ständig sichtbar. Denn meistens komme es zu tödlichen Begegnung zwischen Rotorblatt und Vogel, wenn der Flügel sich von oben nach unten bewegt. Experten von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach sagen: „Für Großvögel, die tagsüber unterwegs sind, scheint das Gefahrenpotenzial bei der Windturbine mit vertikaler Drehachse minimal.“
Die Oxforder Forscher jedenfalls hoffen nach ihren überraschenden Studienergebnissen auf ein Umdenken. „Windparks der Zukunft sollten vertikal sein“, ist die Meinung von Koautor Iakovos Tzanakis von der University of Oxford, „das könnte ihre Effizienz erhöhen und auch die Strompreise senken.“
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