Studie Boston Consulting: Neues Klimagesetz wird teuer

Nach dem Karlsruher Urteil muss die Regierung jetzt liefern. Das heute von der Bundesregierung beschlossene Klimaschutzgesetz gibt deutlich verschärfte Ziele vor. Schon 2045 statt 2050 soll die Co2-Neutralität erreicht sein. Die Emissionen sollen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent statt nur um 55 Prozent vermindert werden. Boston Consulting hat die wirtschaftlichen Auswirkungen des Regelwerks unter die Lupe genommen und ist zu dem Schluss gekommen: Es bedarf einer unglaublichen Kraftanstrengung.

Windenergie Jährlicher Zubau muss sich verdoppeln (Foto: www.ceus-design.de)

Um die Ziele zu erreichen müsste der Ausstieg aus der Kohle bis 2030 – statt wie geplant bis 2038 – vollendet sein. Der Ausbau von Windkraft und Solar müsste dazu verdoppelt werden. Dies ist ein Ergebnis von Kalkulationen des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group (BCG), die heute von der Düsseldorfer Wirtschaftszeitung Handelsblatt veröffentlicht wurden.

Gleichzeitig zum Ausbau von Solar- und Windenergieanlagen müsse die Kapazität der Gaskraftwerke verdoppelt werden. Nur so ist die Stromversorgung auch zu windstillen und dunklen Zeiten zu sichern. Probleme dürfte es jedoch vor allem beim Ausbau der Erneuerbaren geben. Eine Unzahl von Abstandgeboten, Artenschutzbestimmungen sowie der Widerstand der betroffenen Bürger steht der Errichtung von Windanlagen oder Hochspannungsleitungen entgegen. Nicht zuletzt lassen sich auch Landräte oder Bürgermeister nur zu gern vor den Karren von Einzelinteressen spannen. Deshalb wird zunehmend der Ruf nach Bundesgewalt laut bei der Ausweisung von Flächen für Windanlagen. Damit wäre es einfacher, die Flächen auf die notwendigen zwei Prozent der Landes- und Gemeindeflächen zu verdoppeln.

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Doch auch die notwendige Erhöhung der Kapazitäten der Gaskraftwerke ist politisch schwer durchzusetzen. Die Nutzungszeit der Kraftwerke ist begrenzt. Sie springen nur dann ein, wenn die Erneuerbaren wegen Wind- und Lichtmangels nicht zum Zuge kommen. Es muss also ein Ausgleich für die mangelnde Amortisationsdauer geschaffen werden. Bislang hat sich die Politik in dieser Frage jedoch kaum bewegt. Kein Wunder: Vermeintliche Geschenke an Energiekonzerne bringen keine Wählerstimmen.

Riesenbestand an Altautos

Im Verkehr müsste nach BCG-Berechnungen bis 2030 – zumindest für die PKWs – der Ausstieg aus der Verbrenner-Technik vollzogen sein. Die Hälfte aller Laster sollte bis dahin auch CO2-frei betrieben werden. Ein besonderes Problem wird der Altbestand von noch fahrbaren Alt-PKWs darstellen. Diese Fahrzeuge könnten bestenfalls mit CO2-neutral erzeugten Kraftstoffen betrieben werden.

Schwierig wird es für die Industrie. Der Umstieg müsste bis 2030 im Vergleich zum abgelaufenen Jahrzehnt um das sechsfache beschleunigt werden. Branchen wie Chemie, Stahl oder die Baustoffindustrie werden für den Totalumbau ihrer Anlagen viele Milliarden ausgeben müssen. Die Rechnung für die deutsche Stahlindustrie beträgt etwa 30 Milliarden Euro, für die Chemie 45 Milliarden Euro. Zusätzlich erhöhen sich die laufenden Betriebskosten, wenn zum Beispiel beim Stahl ausschließlich Wasserstoff statt Koks als Reduktionsmittel eingesetzt wird.

Mieter und Hausbauer müssen sich ebenso auf enorme zusätzliche Belastungen einstellen. Für die energetische Sanierung der bestehenden Gebäude veranschlagte die Deutsche Energie-Agentur (Dena) 2018 bis zu 932 Milliarden Euro. Wahrscheinlich wird es teurer, weil die Dena seinerzeit von einer CO2-Reduzierung von nur 80 bis 95 Prozent bis 2050 – statt 2045 – ausgegangen war. Hinzu kommen die erhöhten Kosten für den schrittweisen Ersatz von Gas- und Ölheizungen, die ab 2023 weder neu installiert und bei Austausch nur durch klimafreundliche Technik ersetzt werden dürfen.

Eine Gesamtrechnung präsentiert Boston Consulting nicht, So gut wie sicher ist, dass in den kommenden 30 Jahren Bürger, Wirtschaft, Organisationen und staatliche Stellen Billionenbeträge aufwenden müssen. Schlimmer noch: Von einer Rettung des Klimas kann dabei keine Rede sein. Diese Beträge lindern – sachgerechten Geldeinsatz vorausgesetzt – nur die schlimmsten Auswirkungen.

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