Wie im Krieg

Böllern und Feuerwerk sind keine unschuldigen Vergnügen. Das Silvesterspektakel erzeugt ein Prozent der ganzjährigen Staubbelastung, beschert den Städten tonnenweise Müll und verursacht Verstümmelungen. Umweltverbände fordern ein Dauer- und Totalverbot auch für die Zeit nach der Pandemie. Zu Recht?

Silvesterballerei - Unterschätzte Umweltsünde
Silvesterballerei Unterschätzte Umweltsünde (nck-gsl/Pixabay)

Erstmals in diesem Jahr ist der Verkauf von Böllern und Feuerwerk in den Tagen vor dem Jahreswechsel bundesweit verboten. In mehreren Bundesländern wie Hamburg oder Bremen ist die Knallerei zu Neujahr vollends verboten, in andern Ländern stark eingeschränkt. Die Politiker wollen damit in Corona-Zeiten die Krankenhäuser von der Behandlung der Unfallopfer entlasten. Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe oder die Grüne Liga fordern ein totales und unbegrenztes Verbot.

Tatsächlich haben die Notfallstationen zu Silvester reichlich zu tun. Rund 60 schwere Hand- und rund vierhundert Augenverletzungen behandeln deutsche Notfallärzte zu Silvester. Für die Stadtverwaltungen bringt die Knallerei zusätzlichen Reinigungsaufwand mit sich. Allein in den fünf größten deutschen Städten Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt räumen Jahr für Jahr nach der Neujahrsnacht über tausend Abfallentsorger mehr als 190 Tonnen Böllerreste und anderen Unrat weg.

Am schlimmsten sind jedoch die Folgen für Umwelt und Gesundheit. Das Abrennen der Silvester-Feuerwerke setzt jährlich etwa 1500 Tonnen Feinstaub und 1150 Tonnen CO2 frei. In den Städten startet das neue Jahr mit einer Feinstaubbelastung, die laut Bundesumweltamt stellenweise bis zu fünfzigmal höher liegt als das Jahresmittel von 18 Mikrogramm pro Kubikmeter. Feinst-Stäube mit Durchmessern von unter 2,5 Mikrometer – die, anders als gewöhnliche Feinstäube über die Lungenbläschen in den Blutkreislauf gelangen können – überschreiten in Städten das Normalvorkommen bis zum Siebenfachen auf 75 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, die Dosis von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht häufiger als an drei Tagen im Jahr zu überschreiten. Anders gesagt: Allein durch die Knallerei zu Silvester wird ein Drittel der von der WHO tolerierten Überschreitungsfälle ausgeschöpft.

Lesen Sie morgen: Wie die Knallerei Haus- und Wildtieren zusetzt

Mehr: Pharmazeutische Zeitung Umweltbundesamt

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*