Binnenschiffe – Romantischer Anblick, aber Umweltverschmutzer

Binnenschiffe sind die Lösung, heißt es häufig. Sie seien kostengünstig und umweltfreundlich. Sie könnten die Straßen entlasten. Wenn es doch nur so wäre!

Binnenschiffe auf der Weser Romantisch aber Umweltverschmutzer (Hans-Jörg Deggert/Pixelio.de)
Binnenschiffe auf der Weser Romantisch, aber wenig umweltfreundlich (Hans-Jörg Deggert/Pixelio.de)

Wer mag sie nicht? Ihr gemütliches Tuckern beruhigt die Nerven der Spaziergänger am Flußufer. Ihr gemächliches Vorwärtskommen erinnern an Zeiten, in den Geschwindigkeit noch ein Fremdwort war. Und nicht nur kleine Jungs träumen davon, Kapitän auf einem Binnenschiff zu sein und zwischen Amsterdam und Budapest herumzukreuzen.

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Soweit die Romantik. Anrainer an vielbefahrenen Wasserstraßen singen ein anderes Lied. Denn Binnenschiffe nutzen Schiffsdiesel als Kraftstoff. Seit 2010 ist zwar schwefelarmer Schiffsdiesel vorgeschrieben, damit die Abgase gefiltert werden. Dennoch stoßen die Motoren der Binnenschiffe im Vergleich zu LKWs fast doppelt so viel krankmachende Stikoxide aus und vergleichbar viel Feinstäube. Bezieht man beim Feinstaub-Ausstoß allerdings den Abrieb von Reifen und Bremsen der Laster ein, schneiden die Kähne besser ab.

Die Bahn ist besser

Mit der Bahn hingegen können sie allerdings nicht mithalten. Laut Umweltbundesamt stieß der Güterverkehr auf Schienen mit 16 Gramm pro Tonnenkilometer nur knapp der Hälfte an Treibhausgasen in die Atmosphäre wie die Binnenschifffahrt. Beim Ausstoß von Stickoxiden übertreffen Binnenschiffe den Schienentransport mit 0,033 Gramm pro Tonne und Kilometer um das Zwölffache.

Auf der Habenseite der Binnenschiffe liegt dagegen ihre Kapazität. Zwar gehen nur sieben Prozent der Gütertransporte in Deutschland über Binnenschiffe. Doch ein modernes Schiff mit 2 100 Tonnen Nutzlast ersetzt 105 Laster mit je zwanzig Tonnen Ladefähigkeit. Wollte man allerdings nur ein Viertel der 1,3 Millionen Laster, die auf deutschen Autobahnen täglich zirkulieren, durch Schiffe ersetzen, müssten rund 3 000 Frachtschiffe mehr zwischen Oder und Rhein fahren. Das entspräche etwa einer Verdoppelung der Frachtschiffe auf deutschen Gewässern.

Möglich wäre das, wenn auch herausforderd. Denn vor zwanzig Jahren lag der Transportanteil der Binnenschiffahrt noch immerhin bei dreizehn Prozent. Ein höherer Anteil ist allerdings kaum machbar. Denn die Verkehrsleistung ist nicht nur aufgrund der Flottengröße begrenzt. Veralterte Schleusen, zu tiefgelegene Brücken behindern den Schiffsverkehr. Die Branche beklagt sich über einen erheblichen Investitionsstau. Die geplanten Ausgaben reichten nicht aus, um die Infrastruktur zu erhalten.

Schiffe oder Biber

Hinzu kommt, dass der Ausbau von bislang naturbelassenen Flüssen umstritten ist. Vor allem die geplanten Ausbauten von Elbe und dem östlichen Grenzfluss Oder rufen Naturschützer auf den Plan. Die DDR und das sozialistische Polen hatten nicht die Mittel, aus den Flüssen moderne Wasserstraßen zu machen. Otter, Biber und andere geschützte Tierarten konnten sich deshalb erhalten. Sie würden durch den Bau von Buhnen an den Ufern und die Vertiefung der Fahrrinne bedroht.

Schwierig dürfte es auch werden, die Schiffe auf nachhaltig zu trimmen. Die Energiedichte von Batterien wird noch für lange Zeit nicht ausreichen, um Binnenschiffe mit Strom zu versorgen. Die Akkus wären schlicht zu schwer für die Schiffe. Und sie wären zu teuer.

Schiffe leben 70 Jahre

Mittelfristig könnten Brennstoffzellen und klimaneutrale Kraftstoffe dazu beitragen, die Umweltbilanz von Binnenschiffen zu verbessern. Auch LNG (liquides natürliches Gas), bei dessen Verbrennung deutlich weniger CO2, Feinstaub und Stickoxid anfällt, würde die Emissionen verringern. Doch LNG enthält hohe Anteile von Methan, dessen Triebhauswirkung 25 mal so hoch wie die von CO2 ist. Ein Teil davon gelangt beim Transport oder beim Einsatz als Kraftstoff zwangläuig in die Luft. Experten des Berliner Öko-Instituts plädieren daher für Ammoniak und Methanol als Schiffstreibstoff. Doch die Herstellung von Methanol ist teuer. Ammonik ist zwar giftig, doch arbeiten Unternehmen wie ThyssenKrupp bereits an sicheren, grünen Ammoniak-Anlagen.

Trotz der zunehmenden Zahl geeigneter Techniken könnte die Umrüstung der Flotte letzlich an der hohen Lebensdauer der Schiffe und ihrer Antriebe scheitern. Binnenschiffe halten siebzig Jahre. Neue Schiffe kosten zwischen zwei und vier Millionen Euro. Die Antriebe gibt es ab 160 000 Euro. Die grüne Erneuerung der Flotte geht also langsam vor sich. Oder sie wird teuer.

Mehr: TAZ

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