Elektroautos spalten deutsche Autoindustrie

Die Gräben zwischen den Verfechtern des Verbrennungs- und des Elektromotors werden immer tiefer. Das zeigen die verbale Entgleisung der Chef-Autolobbyistin und die entsprechende Ohrfeige, die sie dafür erhielt.

Von der CDU zur Kohle zum Verbrennungsmotor: Chef-Autolobbyistin Hildegard Müller (Foto: Olaf Kosinsky)

In Großbritannien dürfen von 2030 an keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden, die Grünen fordern Gleiches in ihrem Wahlprogramm für Deutschland. Audi will keine neuen Verbrennungsmotoren mehr entwickeln, Herbert Diess, Chef der Konzernmutter Volkswagen, ist sogar sicher: “Wir könnten ein Verbrennerverbot bewältigen.” Doch Hildegard Müller, CDU-Mitglied und im Februar vergangenen Jahres vom Sprachrohr der Energiekonzerne zur Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) aufgestiegen, ficht das alles nicht an. Sie rückte in einem Interview ein Verbot von Verbrennungsmotoren, wodurch sich jemand für sein altes Auto möglicherweise kein neues elektrisches leisten könne, sogar in Richtung Enteignung: “Das wäre nichts anderes als eine Enteignung.”

Hysterisch und stur

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Die verbale Ohrfeige für die hanebüchene Einlassung kam prompt. Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes eMobilität (BEM), stellte die Chef-Lobbyistin der Autokonzernes unverblümt in die Ecke der Hysterischen und Sturen. Wörtlich schrieb er in einer Pressemitteilung, “Die Hysterisierung der Diskussion bringt keinen weiter” und “die Beharrlichkeit des VDA ist hier als sturköpfig zu bezeichnen”.

Doppelmitgliedschaft im Verbrenner- und im Elektroclub

Die Entgleisung der Industrie-Repäsentatin und ihre Beschimpfung zeigen, wie tief die Autobranche in Deutschland gespalten ist: Hier die unverbesserlichen Bewahrer des Verbrennungsmotors, so sehr dieser Antrieb bisher auch zur Erdwärmung beitrug; dort die Gemeinde der Elektromobilen, die in den Stromern den einzigen realistischen Weg zu einem klimaneutralen Autoverkehr sehen. Zwar sind die Großen der Branche weiterhin Mitglied beim mächtigen Lobbyverein VDA. Gleichwohl gibt es erste prominente Unternehmen, die inzwischen dem BEM beigetreten sind.

Bosch und Opel tanzen auf zwei Hochzeiten

Opel, unter dem Dach des frisch fusionierten französisch-italienisch-amerikanischen Autokonzerns Stellantis, gehört nicht nur dem VDA sondern auch dem BEM. Immerhin soll es die Marke mit dem Blitz von 2028 an nur noch elektrisch geben. Ebenso janusköpfig gibt sich Bosch und hat sich neben dem VDA auch der E-Community des BME angeschlossen. Kein Wunder. Die Schwaben, die Jahrzehnte lang Milliarden an Motorsteuerungen und Dieseltechnik verdient haben, setzen längst auch auf Zulieferungen rund um das Elektroauto – oder wie Konzernchef Volkmar Denner sagt: “Bosch ist Gewinner der Elektrifizierung.”

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