Verbrauch von Gas in Deutschland wird schon in wenigen Jahren steil nach unten gehen

Gas ist knapp – noch. Doch der Vormarsch der Erneuerbaren, der Einsatz von Wärmepumpen und Geothermie werden den Energieträger zunehmend zu einem Nischenprodukt machen.

Ehemaliger Gasspeicher Gas wird zur Nischenenergie  (Denny Franzkowiak/Pixabay)
Ehemaliger Gasspeicher Gas wird zur Nischenenergie (Denny Franzkowiak/Pixabay)

Einer Untersuchung des Öko-Instituts und des Wirtschaftsprüfers Deloitte zufolge könnte der Marsch in die Bedeutungslosigkeit schneller vonstatten gehen als urprünglich angenommen – und manchem Versorger lieb ist. Schon bis zum Ende des Jahrzehnts sinkt demnach der Verbrauch um ein Drittel auf rund 650 Terawattstunden und bis 2040 nochmals um rund die Hälfte auf 330 Terawattstunden. Ab 2050 spielt der heute noch zweitwichtigste Energieträger nach einem Rückgang auf ein Prozent des erwarteten Verbrauchs nur noch eine Nischenrolle.

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Dem Szenario zufolge wird die Nachfrage in allen Teilbereichen sinken. Fast die Hälfte des Rückgangs bis 2030 entfällt auf den Gebäudesektor. Wärmepumpen, höhere Energieeffizienz und Gebäudeisolierungen werden fossile Heizsysteme schrittweise überflüssig machen. Bis zum Jahr 2050 wird fast die Hälfte der Nutzwärme durch Wärmepumpen erzeugt. Ein weiteres Viertel wird von der Solarenergie kommen. Auch die verstärkte Verwendung von Biomasse nimmt Druck aus dem Gasmarkt.

Ab 2040 zunehmend Nischenrolle für Gas

In der Stromversorgung werden mehr als 80 Prozent des Stroms aus den Erneuerbaren stammen. Das ist fast ein doppelt so hoher Anteil wie im vergangenen Jahr (44 Prozent). Die gasbetriebenen Anlagen für die Stromerzeugung könnten schon ab 2030 mit grünem Wasserstoff versorgt werden.

Ab 2030 greifen auch die bereits begonnenen Maßnahmen zur Dekarbonisierun in der Stahl-, Chemie- und Zementbranche. Bis 2030 sollte nach der Studie die Wärmeerzeugung in der Industrie aus Erdgas im Vergleich zum Stand 2018 um 20 Prozent zurückgehen. Bis 2040 sinkt der Industrieverbrauch um weitere 60 Prozent. Ab 2050 spielt Erdgas für die Industrie keine Rolle mehr.

Massive Kapitalentwertung

Mit Sicherheit wird der Widerstand bei Versorgern und Netzbetreibern erheblich sein. Denn bei allen technischen und gesellschaftlichen Paradigmenwechseln wird der Kaptitalstock der scheidenden Technik weitgehend entwertet. Das galt für die Rast- und Pferdewechselstationen der Postkutschenbetriebe nach Ausbau des Bahnnetzes wie für die Burgen des Mittelalters nach Erfindung des Schießpulvers. Für das 600 000 Kilometer lange Gasnetz in Deutschland wird das künftig ebenso gelten. Das im Netz gebundene Kapital steht für eine Summe von 270 Milliarden Euro. Dieser Wert könnte in einigen Jahren in Richtung Null gehen. Die Experten warnen daher davor, die Gasinfrastruktur über das notwenige Maß weiter auszubauen.

Absurd: Unabhängig davon steht die Versorgung in den kommenden Jahre alles andere als auf sicheren Füßen. Darin waren sich die Experten auf der Jahrestagung Gas des Handelsblattes, die Mitte dieser Woche in Berlin zu Ende ging, einig (Greenspotting berichtete). Jede politische Verwerfung, jede Störung der Logistik oder der Produktion durch Feuer, Piraterie oder Havarie könne – wegen des aktuell noch engen Marktes – zu spürbaren Ausfällen oder massiven Preisausschlägen führen.

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