Warum gehen die Preise für Stromer im Westen nach oben? Und warum fallen sie in China?

Nach der reinen Lehre geht es so: Wenn ein Markt sich entwickelt, fallen die Preise. Doch E-Fahrer in Europa und den USA spüren – anders als in China – nichts davon. Ein Analystenteam hat herausgefunden, warum das so ist.

China
E-Kleinwagen Wuling NanoEV aus China Kleiner Preis, große Reichweite (GM)

Dem Londoner Marktforscher JATO Dynamics zufolge stiegen in Europa die Preise für E-Autos im Schnitt zwischen 2015 und diesem Jahr von knapp 49 000 Euro auf 56 000 Euro. Noch stärker war der Preisanstieg in den Vereinigten Staaten. Dort kletterten die Preise umgerechnet von 53 000 auf fast 64 000 Euro. In China sanken dagegen die Preise in dem Zeitraum um etwa die Hälfte. Im Jahre 2015 kostete dort ein E-Vehikel im Mittel umgerechnet noch 66 000 Euro. In diesem Jahr zahlten die Käufer nur noch 32 000 Euro.

Auch im Vergleich zu den inländischen Fahrzeugen mit Explosionsmotor schneiden Chinas E-Autos gut ab. Ein Benziner kostet ein Drittel mehr. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Preise wegen der Lancierung von teuren Oberklasse-Modellen und sich verteuernden Rohstoffen seit etwa anderthalb Jahren um rund zweitausend Euro angezogen haben.

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Im Westen: Großes Auto, großer Profit

Grund für die teuren Preise im Westen ist nach JATO-Einschätzung die Strategie der Hersteller, möglichst teure E-Modelle auf den Markt bringen. “Großes Auto, großer Profit”, lautet die Devise der Konzerne. An dieser Tendenz ändern Ausnahmen wie der Dacia Spring, der nach Abzug der E-Auto-Prämie ab etwa 11 000 Euro erhältlich ist, wenig. Der Normalverbraucher zwischen Los Angeles und Warschau findet kaum ein passendes Angebot.

In China: Stromer für weniger als 4 000 Euro

Chinas Autobauer setzen dagegen auf den Massenmarkt. Sie bieten neben einigen Luxuswagen vor allem preisgünstige E-Autos wie den Wuling NanoEV an. Der E-Kleinstwagen mit einer Reichweite von über 300 Kilometer kostet im Reich der Mitte umgerechnet nur rund 6 400 Euro. Sein kleiner Bruder, der Mini EV ist sogar umgerechnet schon ab 3 700 Euro erhältlich.

Ökonomische Glaubenssätze außer Kraft

Den JATO-Daten zufolge besteht in Europa und den USA ein Überhang an angebotenen Oberklasse-E-Modellen. Ebenso gibt es einen Überhang bei der Nachfrage nach preisgünstigen Stromern. In China hingegen gibt es zwischen Angebot und Nachfrage innerhalb der verschiedenen Preisklassen nur eine geringe Differenz.

Staatlich beeinflusste Wirtschaften – so die Ökonomen-Regel – sind kaum in der Lage, Märkte angemessen zu bedienen. Marktwirtschaftlich geführte Unternehmen seien hingegen in der Lage, ihr Angebot flexibel an die Nachfrage anzupassen. Zumindest für den weltweiten E-Auto-Markt scheinen einige VWL-Lehrsätze zurzeit nicht zu gelten.

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