Der fossile Kater der Trump-Freunde

Das Fest ist vorbei. Mit dem Abtritt des scheidenden US-Präsidenten geht Ära von Kohle, Öl und Fracking-Gas ihrem Ende entgegen. Die amerikanischen Öl- und Kohlebarone hatten bis zuletzt auf den Klimaleugner gesetzt. Jetzt passen sie zögernd ihr Geschäftsmodell an. Dennoch: Ist Biden für die Multis ein Glücksfall?

Ölförderung in den USA Industrie der Verlierer (Foto: 466654/Pixabay)

Aus seiner Abneigung gegen die Erdölkonzerne und ihr klimaschädliches Geschäft macht der gewählte Präsident Joe Biden keinen Hehl. “Die Ölindustrie verschmutzt die Umwelt signifikant“, sagte er während der letzten Fernsehdebatte vor der Wahl und setzte noch hinzu: “Sie muss mit der Zeit ersetzt werden durch nachhaltige Energien.” Bidens Berater sollen entsetzt gewesen sein, weil Titelverteidiger Donald Trump danach bei seinen Auftritten den Erdölstaaten zugerufen hatte: “Er will die Erdölbranche zerstören; erinnert Euch daran (in) Texas, Pennsylvania, Oklahoma, Ohio.” Geholfen hat der vermeintliche Strategiefehler Bidens dem Wahlverlierer Trump ebenso wenig den fossilen Branchen.

Die Kohle-, Gas- und Ölförderer waren vor der Wahl trotz der jahrelangen Hätschelei durch den US-Präsidenten in einer schwierigen Lage. Die Märkte litten unter einem Überangebot bei gleichzeitigem, coronabedingten Rückgang. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 hatte Exxon Verluste von mehr als zwei Milliarden Dollar gemacht, Chevron gar von fünf Milliarden. Der Aktienkurs von Exxon brach im Laufe des Jahres um etwa ein Drittel ein. Nicht viel besser sahen die Kurse bei Wettbewerbern wie Conoco Phillips oder Chevron aus.

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Die Ankündigung Bidens, Fracking auf staatlichem Grund zu verbieten und 1700 Milliarden Dollar für die kommenden zehn Jahre in nachhaltige Energien zu investieren, schien in dieser Situation wenig hilfreich. Denn anders als europäische Energiekonzerne hatten die amerikanischen Fossilgesellschaften die Klimadebatte so gut wie ignoriert.

Jetzt müssen sich die Kohle-, Gas- und Ölmultis auf die Schnelle umstellen. Nach Meinung von Branchenkennern war diese Umstellung schon lange überfällig und wurde durch die Trump-Administration nur künstlich hinausgeschoben. Früher oder später hätten die Finanzmärkte die Unternehmen ohnehin dazu gezwungen, sich den Realtäten zu stellen, so wie internationale Konkurrenten es bereits getan hätten, ist die Einschätzung von Stephen Richardson, Analyst beim Marktbeobachter Evercore Isi.

Die vorherrschende Stimmung bei den Analysten ist daher abwartend positiv. Zu diesem Bild passt, dass amerikanische Energieaktien sich kurz nach Wahl etwas erholt hatten. Die Branche geht davon aus, dass Biden den Umbau zur Nachhaltigkeit nur vorsichtig vorantreibt, um Investitionsruinen und Einbrüche auf regionalen Arbeitsmärkten zu vermeiden. Und viele Beobachter glauben, dass ein politisch moderierter Umbau der Energiebranche besser ist als die weitere Leugnung des Klimawandels und die Verkennung der Erwartungen von Kunden und Anlegern. Der verschlafene Einstieg in die Elektro-Mobilität der alten amerikanischen Autoindustrie jenseits von Tesla ist vielen eine Warnung.

Mehr: Handelsblatt

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