Bayern boykottiert die Energiewende – nur rund ein Prozent der neuen Windräder stehen im Freistaat

Es gibt gute Neuigkeiten zu berichten: Bundesweit wurden 518 neue Windräder in diesem Jahr bis Ende September errichtet. Bayern hat es geschafft, den Negativrekord des vergangenen Jahres noch zu toppen. Ganze sechs Anlagen wurden errichtet.

Bundesland der Extrawürste Bayern hinkt bei der Windenenergie hinterher (Foto: www.ceus-design.de)

Zwar hatte Wirtschaftsminiser Hubert Aiwanger versprochen, den Ausbau in diesem Jahr erheblich zu beschleunigen. Doch es folgten keine Taten. Auch Ministerpräsident Markus Söder, der bis 2030 tausend neue Anlagen angekündigt hat, scheint sich für den Ausbau der Windenergie nicht zu interessieren. Behielte die bayrische Staatsregierung das bisherige Tempo bei, würde sie ihr Ausbauziel erst in hundert Jahren erreichen.

Grund für die bayrische Zögerlichkeit ist die populistische Solidarität der Staatsregierung mit örtlichen Bürgerinitiativen. “Heiliger Sankt Florian, schütz unser Haus, zünd’ andere an” oder “Sollen’s doch die anderen” – nach diesen Mustern handeln bayrische Regierungen seit Langem. Nicht nur bei Windrädern legen sich die Bayern quer. Selbst wenn es darum geht, den Freistaat mit Windstrom von der Küste zu versorgen, schlagen örtliche Intiativen Alarm. Sie wollen sich den Anblick auf Hochspannungsmasten ersparen.

Nicht in meinem Vorgärtchen

Die Regierung erklärte den Widerstand der Bayern-Nimbys (Not in my backyard) zu ihrer Sache. Die Trassen müssen nun unterirdisch verlegt werden – zu zehnfachen Kosten. Was soll’s: Die Kosten werden bundesweit umgelegt. Im Ergebnis zahlen die Bürger aus Schleswig-Holstein oder Niedersachsen mit Blick auf Windräder und Strommasten höhere Preise für Strom, damit den Bayern dieser Anblick erspart bleibt.

Schon der Vorgänger von Söder, Horst Seehofer (beide CSU) hatte betont, dass für bayrische Bundesbürger Privilegien gelten: “Wir sind ja nicht irgendein Bundesland. Wenn es sogenannte Monstertrassen gibt, die quer durch diese schöne Landschaft führen, dann ist es meine Pflicht, so etwas zu verhindern.” Heute jammert sein Nachfolger Markus Söder: “Wenn wir totalen Überschuss an regenerativer Energie im Norden haben, die aber nicht über Stromleitungen in den Süden kommt, dann stimmt ja das ganze System in Deutschland nicht mehr.“

Bundesweit Schlusslicht

Doch Söder hat, wie sein Vorgänger, viel dafür getan, dass es dazu kommt. Denn im Freistaat galt bis vor einigen Monaten die sogenannte 10 H-Regelung. Die besagt, dass der Abstand von Windrädern zu bebauten Gebieten das 10-fache der Windradhöhe betragen musste. Erst nach massivem Druck wurden die Regeln abgemildert.

Seit Juni darf in Windvorranggebieten der Abstand auf 800 Meter verringert werden. Der Abstand ist jedoch noch doppelt so groß wie in anderen Bundeländern. Hinzu kommen Verwaltungsvorschriften und Einspruchsrechte, die in Bayern Genehmigungen erschweren. Wenig erstaunlich also, dass Bayern mit sechs neuen Windrädern in Deutschland das Schlusslicht ist. Zum Vergleich: In Schleswig-Holstein wurden bis Ende September über 170 Windräder errichtet. Tröstlich ist, dass die neuen Windräder bundesweit 50 Prozent mehr Leistung erzielten als im Vorjahr.

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