Im Schlaf nach Paris – Der Nachtzug Berlin-Paris fährt wieder

Neun Jahre mussten wir auf ihn verzichten. Ab heute abend rollt er wieder, der Nachtzug von Berlin nach Paris.

Nachtzug Berlin-Paris Die Puferküsser lieben ihn (ÖBB/Nightjet)
Nachtzug Berlin-Paris Nicht nur die Bahn-Enthusiasten lieben ihn (ÖBB/Nightjet)

Heute abend fährt er wieder los, der Nachtzug Berlin-Paris. Es wurde auch Zeit. Neun Jahre mussten die Nachtzug-Liebhaber auf ihn verzichten. Dabei galt die Strecke sowohl bei den Fahrplanmachern wie bei den Eisenbahn-Enthusiasten, vulgo Pufferküsser, als die Kernstrecke für Nachtzüge in Europa. Sie sahen die Verbindung als Juwel in der Krone des europäischen Schlafwagennetzes. Entsprechend groß war die Empörung, als 2014 die Deutsche Bahn die Linie einstellte. Ex-Bahnvorstand Ronald Profalla setzte am Rande der Klimakonferenz Paris 2015 noch eins drauf, indem er den Ausstieg damit rechtfertigte, dass Nachtzüge total unwirtschaftlich seien.

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Zum Glück sprangen andere Bahnbetreiber in Bresche. Vor allem die Österreichische Bundesbahn ÖBB eröffnete eine Nachtlinie nach der anderen und profilierte sich damit zunehmend als Europas Nachtzugbetreiber schlechthin. Über mangelnde Nachfrage können die Österreicher nicht klagen. Die meisten Nachtzuglinien waren bereits vor dem Start ausgebucht. Auch für den Zug Berlin-Paris müssen sich Reisende, die jetzt erst buchen, bis in den Januar gedulden.

Und offensichtlich ist das Geschäft mit dem Schlaf auf Achse für Investoren inzwischen wieder lohnend. Wie wäre es sonst erklärbar, dass neben der ÖBB etliche private Bahnbetreiber, darunter auch Startups, das Geschäft mit dem Schlaf auf Achse entdeckt haben? Und warum sollte die ÖBB Verluste auf ausländischen Strecken einfahren wollen?

Bahn macht mit – in zweiter Reihe

Bei den Strecken Berlin-Paris – eine geht via Straßburg, die andere über Brüssel – sind zwar auch die französische Staatsgesellschaft SNCF, die Belgische SNCB/NMBS und die Deutsche Bahn mit im Boot. Die ÖBB ist aber federführend und war auch die treibende Kraft bei der Wiederbelebung der Strecke.

Zunächst sind drei Touren pro Woche geplant, montags, mittwochs und freitags. Ab Oktober des kommenden Jahres soll der Nightjet dann wieder täglich unterwegs sein. Die ÖBB ist wegen des Mangels an rollendem Material nicht in der Lage, die Nachfrage auf Anhieb zu bedienen. Zwar hatte die Waggonbauer 2022 schon 13 Waggons erhalten und für das laufende Jahr noch mal 20 Wagen bestellt. Doch die ÖBB ist nicht der einzige Betreiber, der Schlaf- und Liegewagen nachfragt. Allein die erwähnten ÖBB-Partner pro Woche wollen mittelfristig 13 europäische Millionenstädte per Nachtzug miteinander verbinden. Auch die Schweizer Bundesbahn ist an dem Projekt beteiligt.

Nachtzugreisen sind nicht nur ein Leckerbissen für Romantiker. Auch Sparfüchse profitieren. Denn ein Einzelabteil im Schlafwagen gibt es schon ab 160 Euro. Da Hotelzimmer in Paris unter hundert Euro kaum zu haben sind – und Flüge nach Paris ebenso wenig – sparen selbst die Nutzer der vergleichsweise teuren Einzelabteile. Noch mehr sparen die Bucher von Sitzplatzabteilen für drei Personen zu hundert Euro oder die Nutzer eines Liegwagenplatzes im 4-Bett-Abteil. Letzterer kostet 60 Euro. Da freut sich das Portemonnaie. Gute Reise! Und gute Nacht!

Mehr: The Guardian; Berliner Morgenpost

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